„Spannend wäre es, Praktiken politischer Bildung an österreichischen berufsbildenden Schulen zu erforschen, da wir noch sehr wenig darüber wissen.“ Fünf Fragen an Thomas Stornig

Thomas Stornig ist am Institut für Schulqualität und berufsbegleitende Professionalisierung sowie am Institut für fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Forschung und Entwicklung der Pädagogischen Hochschule Tirol tätig. In seiner Dissertation hat er sich mit schulischer politischer Bildung im Kontext des Wählens mit 16 in Österreich beschäftigt. Aktuell forscht er zu Lehrer*innenprofessionalität in der politischen Bildung durch Fort- und Weiterbildung.


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Thomas Stornig (Foto: privat)

Thomas Stornig ist am Institut für Schulqualität und berufsbegleitende Professionalisierung sowie am Institut für fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Forschung und Entwicklung der Pädagogischen Hochschule Tirol tätig. In seiner Dissertation hat er sich mit schulischer politischer Bildung im Kontext des Wählens mit 16 in Österreich beschäftigt. Aktuell forscht er zu Lehrer*innenprofessionalität in der politischen Bildung durch Fort- und Weiterbildung.

 

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?

Mein aktuelles Forschungsprojekt mit dem Titel „Lehrer*innenprofessionalität in der Politischen Bildung durch Fort- und Weiterbildung“ stellt die Frage, wie österreichische Lehrkräfte einen Hochschullehrgang zu politischer Bildung bewerten und was sie hierbei für ihre Praxis gelernt haben. Das letzte Forschungsprojekt war meine Dissertation, in der ich mich mit der schulischen Praxis politischer Bildung in zwei österreichischen Schultypen beschäftigt habe. Letztere erschien vor dem Hintergrund, dass in Österreich bereits im Alter von 16 Jahren gewählt werden darf, besonders wichtig.


2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?

Angesichts eines Mangels an Studien war es besonders relevant, unterschiedliche Unterrichtskonzeptionen und -praktiken von österreichischen Politiklehrkräften sichtbar zu machen und hieraus folgende, deutlich abweichende schulische Lerngelegenheiten für deren Schüler*innen zu dokumentieren. Hierbei konnte die Bedeutung einer schüler*innen-/subjektorientierten Didaktik aufgezeigt werden. Eine subjektorientierte Didaktik berücksichtigt bei der Gestaltung von Lernumgebungen die Interessen und Bedürfnisse der Lernenden und deren subjektive Vorstellungen von politischen Themen. Sie verliert auch nicht aus dem Blick, dass die Auseinandersetzung mit Lerngegenständen gerade den lernenden Subjekten einen Nutzen bringen soll.

 

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Wichtig wäre es, Möglichkeiten einer subjektorientierten politischen Bildung für unterschiedliche marginalisierte Gruppen nachzugehen. Menschen mit weniger privilegierter Herkunft finden im Schnitt im Lebensverlauf weniger Gelegenheiten zur politischen Bildung vor und sind damit auch diesbezüglich benachteiligt, das hat eine Auswirkung auf ihre gesellschaftliche Repräsentation. Spannend wäre es auch, Praktiken politischer Bildung an österreichischen berufsbildenden Schulen zu erforschen, da wir noch sehr wenig darüber wissen. An berufsbildenden Schulen existieren unterschiedliche Fächerkombinationen. Allgemeinbildende Inhalte, wie die politische Bildung, stehen gegenüber berufsbezogenen Inhalten unter ständigem Rechtfertigungsdruck.

 

4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?

Wissenschaft und Praxis brauchen den Austausch zur Weiterentwicklung der politischen Bildung, weil die Wissenschaft zur politischen Bildung nur durch ihren Bezug zur Praxis praktische Bedeutung erlangt. Eine gute Praxis ist als reflexive Praxis zu verstehen, hierzu erfordert es die Wahrnehmung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Beide gegeneinander auszuspielen zu versuchen, wäre auf jeden Fall falsch – Wissenschaft und Praxis sind aufeinander angewiesen.

 

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Ich freue mich über einen fachlichen Austausch über aktuelle Anliegen, Herausforderungen und neue Entwicklungen der politischen Bildung, über Interesse an meiner Arbeit und möglichen Kooperationen. Ich bin froh, wenn ich dadurch Einblicke in die Aktivitäten von Kolleg*innen aus der schulischen und außerschulischen politischen Bildung und somit neue Impulse bekomme. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch für ihr Engagement, das in diesem Feld Tätigen einen Raum zur Vernetzung bietet.

 

Veröffentlicht am 28.09.2022

 

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