Politische Bildung im Strafvollzug

Foto: Christoph Honig

Politische Bildung im Strafvollzug ist ein Thema, das in Forschung und Praxis bislang wenig bearbeitet wurde. Dabei findet politische Bildung sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Kontext des Strafvollzugs statt. Angebote für die Freizeit werden oftmals in Form von Initiativen und Projekten durch außerschulische Bildungsträger angeboten. (siehe u.a. Interview mit Prof. Borchert)


Eine wichtige Grundlage für die politische Bildung in diesem Setting ist die rechtliche Bestimmung, dass Strafvollzug unter anderem der Vorbereitung der Wiedereingliederung in das Leben in Freiheit dienen soll (siehe § 2 Strafvollzuggesetz).


Im Gefängnis als „totale Institution“ (vgl. Goffman, Erving (1973): Asyle - Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Berlin) weichen die Bedingungen für politische Bildung von denen anderer Praxisfelder ab. Außerdem gibt es in diesem Kontext kein flächendeckendes Angebot an politischer Bildung.


Aktuell befassen sich einige Forschungsprojekte mit politischer Bildung in Strafvollzug und Jugendarrest. Auch im Rahmen der Diskussion um Präventions- und Deradikalisierungsangebote rückt der Strafvollzug in den Fokus.


In diesem Dossier finden Sie Forschungsprojekte und Forscher_innen, die zu diesem Thema arbeiten, außerdem Literaturhinweise, Hinweise auf Einträge in unserer Datenbank sowie auf Interviews auf unserer Webseite. Da das Thema bisher wenig empirisch erforscht wurde, finden Sie unter den Veröffentlichungen auch Hinweise auf nicht-empirische Studien, die relevant sind. Darüber hinaus verweisen wir bei klaren Bezügen zur politischen Bildung auch auf Arbeiten im Bereich der Prävention und/oder Deradikalisierung sowie beispielhaft auf Praxisbeispiele. Wir möchten damit Wissenschaft und Praxis politischer Bildung einen Überblick über dieses Praxisfeld geben. (Letzte Aktualisierung: März 2020).


Forschen oder arbeiten Sie zu diesem Thema? Oder sind Ihnen relevante Forschungsarbeiten oder Projekte bekannt? Dann schicken Sie gern eine Nachricht an info@transferfuerbildung.de.

Inhalt

Veröffentlichungen
Laufende Forschungsprojekte
Abgeschlossene Forschungsprojekte
Projekte der politischen Bildung
Tagungshinweise und -dokumentationen


Veröffentlichungen

AKSB – Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (Hrsg.) (2021): Politische Bildungsarbeit im Strafvollzug– vergebene Liebesmüh? AKSB-inform 2021 [PDF | 1,1 MB]

 

Behr, Julia (2015): Politische Bildung für alle! Politische Jugendmedienbildung mit jugendlichen Strafgefangenen und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Außerschulische Bildung, 46 (4), S. 49-53. Download [ PDF | 435 KB ]

 

Bihs, Anne / Schneider, Lisa / Tölle, Jan / Zimmermann, Rainer (2015): Kurzzeitpädagogische Bildungsarbeit mitmarginalisierten jungen Menschen – ein Pilotprojekt im Jugendarrest. In: Rechtspsychologie 3 (1), S. 303-327

 

Bihs, Anne (2014): Annäherungen an eine Didaktik des Jugendarrests. Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe (Forum Strafvollzug) 63 (5), S. 326-333

 

Böttcher, Ann-Katrin (2014): Erziehung und Bildung unter erschwerten Bedingungen. Perspektiven eines sonderpädagogisch orientierten Unterrichts im Jugendstrafvollzug. Sonderpädagogik in Forschung und Praxis, Band 37, Hamburg

 

Borchert, Jens / Jütz, Maren / Beyer, Diana (2020): Politische Bildung im Jugendstrafvollzug: Spezifika, Themen und Definitionen. In: 24. Bundespräventionstag. Dokumentation. S. 78-90.

 

Borchert, Jens / Jütz, Maren / Beyer, Diana (2020): Politische Bildung im Jugendstrafvollzug. Spezifika und Herausforderungen. In: Forum Strafvollzug (5) 2020, S. 347-351.


Borchert, Jens / Jütz, Maren / Beyer, Diana (2020): Politische Bildung im Jugendstrafvollzug. Angebote, Bedarfe und Leerstellen. Beltz Juventa

 

Borchert, Jens / Guski, Roman (2020): Inhaftiert, politisch interessiert und engagiert? Politische Bildung im Jugendstrafvollzug, eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 4/2020 vom 22.4.2020

 

Greco, Sara Alfia (2017): Vollzugsziel „Resozialisierung“?! Kritische politische Bildung im Jugendstrafvollzug. In: Görtler, Michael / Lotz,Mathias / Partetke, Marc / Poma Poma, Sara / Winkler, Marie (Hrsg.), Kritische Politische Bildung. Standpunkt und Perspektiven, Schwalbach/Ts., S. 174-186

 

Kaplan, Anne / Schneider, Lisa (2019): „How do you eat an elephant?“ – Jugendarrest als (Un-)Ort der Jugendbildung. In: Schweder, Marcel (Hrsg.): Bildung und Erziehung im Abseits. Weinheim, S. 201-218

 

Kaplan, Anne / Schneider, Lisa (2016): Bildung im Zwangskontext – Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie im Jugendarrest. In: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe. (4) 2016, S. 384-390

 

Kaplan, Anne / Schneider, Lisa / Tölle, Jan / Zimmermann, Rainer (2016): Short-Term Education with Marginalised Young People sentenced to Youth Detention. In: International Journal of Technology and Inclusive Education (IJTIE). Vol. 6 (2), S. 1023-103

 

Schweder, Marcel (Hrsg.) (2017): Jugendstrafvollzug – (k)ein Ort der Bildung!? Weinheim und Basel

 

Schneider, Lisa (2019): Zwangskontexte als Handlungsfeld für eine kritische politische Bildung. Erste Ergebnisse einer explorativen Studie – Politik, Essen und Sexualität. In: Kriminologie-Das Online-Journal, No. 2/2019, S.180-194 Abgerufen am 25.02.2020, https://www.kriminologie.de/index.php/krimoj/article/view/21/24

 

Schneider, Lisa / Kaplan, Anne / Fereidooni, Karim (2018): Jugendarrestvollzug und Jugendstrafvollzug als politischer Bildungsraum. In: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, 4/2018, S. 332-337

 

Schneider, Lisa / Zimmermann, Rainer / Tölle, Jan / Barkhausen, Vera (2015): Junge Menschen in Haft als Zielgruppe politischer Bildungsarbeit – Theoretische Grundlagen und eine konkrete Form der Umsetzung. In: Forum Strafvollzug 2/2015, S. 88-92

 

Tultschinetski, Sina/Theis, Désirée/Rieth, Alisa (2022): Evaluation der politischen Bildung im Jugendstrafvollzug – Ansätze, Chancen, Herausforderungen, PRIF Report 12/2022, Frankfurt/M | Datenbankeintrag lesen

Der Report basiert auf eine Fallstudie des Projekts PrEval (Evaluationsdesigns für Präventionsmaßnahmen – Multimethodische Ansätze zur Wirkungsermittlung und Qualitätssicherung in der Extremismusprävention sowie den Schnittstellen zur Gewaltprävention und politischen Bildung). Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden zusammen mit Durchführenden von zwei Projekten der bpb-Förderlinie „Politische Bildung im Jugendstrafvollzug“, sowie Vertreter*innen der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb innerhalb eines Jahres über ein Dutzend Wissenschaft-Praxis-Workshops durchgeführt. Zusätzlich wurden Expert*innen mit Erfahrungen in den Bereichen pädagogische Arbeit, (politische) Bildung oder Evaluation in Haft geführt. Das Ziel des Projekts war es, Bedarfe, Möglichkeiten und Schwierigkeiten von Evaluationen von Angeboten der politischen Bildung im Jugendstrafvollzug zu ermitteln und hierfür die Perspektive verschiedener Akteur*innen einzubeziehen. Aus den Erkenntnissen der Studie wurden konkrete Handlungsempfehlungen für zukünftige Evaluationen formuliert. Neben der Studie selbst wurden auch, die in Workshops erarbeiteten Evaluationsfragebögen veröffentlicht.

 

Walkenhorst, Philipp (2004): Leben in der „Schwierigen Freiheit“: Skizzen zum eigentlichen Fluchtpunkt pädagogischer Arbeit im Jugendstrafvollzug (Teil 2). In: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe. 15 (4), S. 416-425

 

Weyers, Stefan (2020): Demokratielernen in „totalen Institutionen“: Gefängnisse. In: Berkessel, Hans / Beutel, Wolfgang / Frank, Susanne / Gloe, Markus / Grammes, Tilman / Welniak, Christian (Hrsg.): Demokratie als Gesellschaftsform. 7. Jahrbuch Demokratiepädagogik. Frankfurt/M., S. 70-78


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Laufende Forschungsprojekte

Politische Bildung junger Menschen im Zwangskontext

Projektleitung: M.A. Lisa Schneider (Universität Siegen), Prof. Dr. Karim Fereidooni (Ruhr-Universität Bochum), Dr.in Anne Kaplan (TU Dortmund)

Projektzeitraum: seit 2018

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens sollen der Jugendarrest und das Jugendgefängnis als politischer Bildungsraum untersucht werden. Dazu wird unter anderem der aktuelle Stand politischer Bildungsangebote in Jugendvollzugs- und Jugendarresteinrichtungen in NRW eruiert. Ziel dieses Projekts ist es, Bedarfe der Einrichtungen in Bezug auf politische Bildung zu ermitteln und daran orientierte politische Bildungsangebote zu konzipieren.

„Politische Bildung steht jungen Menschen im Gefängnis ebenso zu wie allen anderen auch.“ Interview mit Lisa Schneider, Anne Kaplan und Karim Fereidooni

 

Wissenschaftliche Begleitung der Modellprojekte „Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe"

Projektleitung: Dr. Frank Greuel (Deutsches Jugendinstitut e.V. / DJI)
Projektzeitraum: seit 2007
Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ wurden von 2017 bis 2019 im Handlungsfeld Extremismusprävention, Themenfeld „Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe", 16 Modellprojekte gefördert. Diese sollten Radikalisierungsprävention und Deradikalisierung im Strafvollzug und in der Bewährungshilfe erproben. In der neuen Förderperiode (2020 bis 2024) wird dies fortgeführt. Die Modellprojekte erprobten verschiedene Ansätze und wiesen teilweise Schnittstellen zu politischer Bildung auf.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) ist mit der wissenschaftlichen Begleitung der Modellprojekte beauftragt. Der Zwischenbericht des DJI gibt einen Überblick über die Modellprojekte und ihre pädagogischen Ansätze. Aufbauend beschreibt der Abschlussbericht, welche Maßnahmen umgesetzt wurden und welche Strategien die Modellprojekte für den Umgang mit den spezifischen Herausforderungen im Handlungsfeld entwickelt haben. Der Bericht stützt sich auf offene Interviews mit allen am Programmbereich Beteiligten, insbesondere mit Vertreter*innen aller Modellprojekte, von Landesjustizministerien, Haftanstalten und der Bewährungshilfe, sowie auf teilnehmende Beobachtungen der pädagogischen Gruppenmaßnahmen für Inhaftierte und der Fortbildungen für Fachkräfte.

Die Forscher*innen thematisierten unter anderem die  „Sinnhaftigkeit der pädagogischen Arbeit mit Inhaftierten im Gruppensetting“ (Jakob/Jukschat/Hehring 2020: 96 f.) und ziehen das Zwischenfazit, dass mithilfe der Modellprojekte antidemokratischen und rechte Einstellungen nur bedingt begegnet werden könne und „selbst wenn man die Fortbildungen als eine Art politische Bildung für Erwachsene begreift, kann aufgrund der dabei gebotenen Ergebnisoffenheit hier keine gezielte präventive Wirkung angenommen oder gar erwartet werden: Fortbildungen sind hier kein Allheilmittel und auch keine schnelle Lösung (Allmendinger/Venohr 2016: 148)“ (ebd. S. 158), trotzdem können die Modellprojekte „mit den Fachkräften produktive Impulse für eine umfassende (Weiter-)Förderung demokratischer Kultur in den Haftanstalten sowie einem professionelleren Umgang mit ausländischen bzw. muslimischen Gefangenen“ anbieten. (ebd.).

Veröffentlichungen:

Jakob, Maria / Jukschat, Nadine / Herding, Maruta (2020): Abschlussbericht 2019. Wissenschaftliche Begleitung der Modellprojekte „Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe". Halle (Saale) [ PDF | 2,01 MB ] (abgerufen am 24.08.2021)

Jakob, Maria / Kowol, Greta / Leistner, Alexander (2019): Erster Bericht: Modellprojekte zur Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe. Zwischenbericht 2018. Halle (Saale)  [ PDF | 1,5 MB ] (abgerufen am 07.04.2020)


Jakob, Maria / Leistner, Alexander (2018): Herausforderungen pädagogischer Arbeit bei der Prävention im Strafvollzug und in der Bewährungshilfe – Erfahrungen von Modellprojekten aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“. In: Zeitschrift für soziale Strafrechtspflege, Nr. 51, S. 43-52

Weitere Informationen und Veröffentlichungen zur wissenschaftlichen Begleitung der Modellprojekte „Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe“


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Abgeschlossene Forschungsprojekte

 

Antisemitismus im Strafvollzug – Empirische Forschung und Prävention
Projektleitung: Prof. Dr. Jens Borchert (Hochschule Merseburg), Roman Guski und Dr. Katinka Meyer (Anne Frank Zentrum)
Projektzeitraum: 2021-2022
Anknüpfend an das Projekt »Prävention von Antisemitismus im Strafvollzug. Qualifizierung, Vernetzung und Praxisforschung« (2020) setzt das Anne Frank Zentrum bis Ende 2023 gemeinsam mit der Hochschule Merseburg das Projekt „Antisemitismus im Strafvollzug – Empirische Forschung und Prävention“ um, gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Das Projekt verfolgt die Ziele, wissenschaftliche Ergebnisse zu spezifischen Erscheinungsformen von Antisemitismus im Strafvollzug und Möglichkeiten der Prävention zu liefern, analoge und digitale Bildungsangebote im Bereich der historisch-politischen Bildung für junge Menschen in Haft zu entwickeln sowie Fachkräfte aus den Bereichen Bildung und Justiz zu vernetzen und im Umgang mit Antisemitismus im Strafvollzug fortzubilden.

Veröffentlichungen:

Dokumentation des Online-Fachtags »Prävention von Antisemitismus im Strafvollzug« (November 2020): Online-Pad, Video-Dokumentation, Tagungsbericht

Anne Frank Zentrum (2022): Antisemitismus im Jugendstrafvollzug. Zentrale Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen. Online (zuletzt geprüft: 31.01.2023). Berlin

 

 

Politische Bildung im Strafvollzug – Angebote, Bedarfe, Leerstellen

Projektleitung: Prof. Dr. Jens Borchert (Hochschule Merseburg), in Zusammenarbeit mit dem Anne Frank Zentrum Berlin

Projektzeitraum: 2018–2019

Mittels verschiedener Methoden der empirischen Sozialforschung wurden bundesweit Mitarbeiter_innen von Justizvollzugsanstalten, Projektmitarbeiter_innen externer Bildungsträger sowie Inhaftierte befragt. Mit der von Prof. Dr. Jens Borchert in Zusammenarbeit mit dem Anne Frank Zentrum Berlin erstellten Studie zum Stand der politischen Bildung im Jugendstrafvollzug wurden die aktuellen Angebote der politischen Bildung, spezielle Bedarfe sowie Leerstellen erforscht. Die Studie liefert wichtige Erkenntnisse und empirische Daten über den Stand politischer Bildung im Jugendstrafvollzug. Neben den Befunden bietet sie, unter anderem mit der Angebotsübersicht und den Handlungsempfehlungen, Anregungen für politische Bildner_innen und praktische Angebote sowie Ausgangspunkte für weitere Forschung.

Veröffentlichung: Borchert, Jens / Beyer, Diana / Jütz, Maren (2019): Politische Bildung im Jugendstrafvollzug. Angebote, Bedarfe und Leerstellen. Zentrale Ergebnisse und Handlungsempfehlungen. Berlin. Eine weitere Veröffentlichung ist in Vorbereitung (Stand: 02/2020)

Eintrag in der Datenbank lesen | Projektbeschreibung | Studie [ PDF | 2,1 MB ] | „Das Thema politische Bildung im Strafvollzug ist eine ganz große Leerstelle.“ Interview mit Jens Borchert | „Unabhängig von der Frage, ob es einen besonderen Bedarf an politischer Bildung im Strafvollzug gibt, müssen wir auch eine grundständige politische Bildung sicherstellen.“ Interview mit Roman Guski


Demokratische Partizipation im Jugendstrafvollzug und moralische Entwicklung straffälliger Jugendlicher

Projektleitung: Prof. Dr. Micha Brumlik, Dr. Hansjörg Sutter (Universität Heidelberg), in Zusammenarbeit mit der Justizvollzugsanstalt Adelsheim

Projektzeitraum: 1994–1999

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Wissenschaftliche Begleitung: Prof. Dr. Micha Brumlik, Dr. Hansjörg Sutter, Prof. Dr. Stefan Weyers 

In Kooperation mit der Universität Heidelberg hat die Jugendvollzugsanstalt (JVA) Adelsheim einen Modellversuch zur Förderung demokratischer Partizipation im offenen Jugendvollzug durchgeführt. Nach dem Konzept des Psychologen und Erziehungswissenschaftlers Lawrence Kohlberg wurde der Ansatz der „Demokratischen Gemeinschaften“ („Just Community“) genutzt. Innerhalb der JVA wurde eine solche demokratische Gemeinschaft mit 15 Haftplätzen eingerichtet, Mitglieder sind darüber hinaus vier Angestellte. Gemeinsam werden Regeln und Konflikte kommuniziert und bearbeitet. Ziel dieses Projekts war es, die Heranwachsenden zu mehr Selbstständigkeit und moralischer Verantwortung zu erziehen, damit sie Alltagsprobleme lösungsorientiert und gemeinschaftlich bewältigen können. Die wissenschaftliche Begleituntersuchung ist offiziell abgeschlossen, es wird aber weiterhin dazu publiziert. In der JVA besteht das Projekt weiterhin.

Veröffentlichung: Weyers, Stefan (2018): „Just Communities“. Demokratische Partizipation im Jugendstrafvollzug. In: Dollinger, Bernd & Schmidt-Semisch, Henning (Hrsg.): Handbuch Jugendkriminalität. Interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden, 3. neu bearbeitete Auflage 2018, S. 619-635

Weitere Veröffentlichungen zu diesem Projekt finden sie hier und hier.

 

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Projekte der politischen Bildung


Kursreihe „Politische Bildung für Strafgefangene“

Das Bildungswerk Stenden unterstützt politisch engagierte Bürger_innen mit bedarfsorientierten und speziell ausgerichteten Bildungsangeboten. Seit 2012 wird eine Kursreihe in Justizvollzugsanstalten im Rahmen der Freizeitgestaltung durchgeführt. 2017 kooperierte das Bildungswerk darüber hinaus mit der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, sodass deren „Demokratie-Bus“ auch in acht Justizvollzuganstalten Station machte, um mit Inhaftierten über Politik, Demokratie und Wahlen zu diskutieren.

Weitere Informationen „Angebote in JVA“

Projekt www.podknast.de

Die Internetpräsenz www.podknast.de, herausgegeben und gefördert vom Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, bietet Videos zu Themen wie Digitalisierung oder Rassismus im Strafvollzug und weitere lebensweltbezogene Beiträge an.
Ziel des Praxisprojekts ist es, die Medienkompetenz von Inhaftierten zu schulen. Angeleitet durch eigens geschulte JVA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren qualifizierte Inhaftierte, planen und erarbeiten die Menschen in Haft selbst gewählte Themen und setzen sie medial um.
So können sie alltagsbezogene Angelegenheiten des Strafvollzugs medial „nach außen“ transportieren und über die Kommentarfunktion unterhalb der Videos mit nicht Inhaftierten in Austausch kommen. Die Beiträge können Inhaftierte über die elis Lernplattform - eLearning im Strafvollzug einsehen.

Neben zahlreichen Justizvollzugsanstalten (Aachen, Detmold, Heinsberg, Herford, Iserlohn, Köln, Remscheid, Siegburg, Werl, Willich I und Wuppertal-Ronsdorf) ist auch eine Jugendarrestanstalt (JAA) beteiligt. In der JAA Düsseldorf werden vor allem Kurzarreste vollstreckt, das heißt, das Projekt wird entsprechend gekürzt angeboten. Die mediale Auseinandersetzung mit dem Freiheitsentzug bietet vor allen jungen Menschen Impulse zur Reflektion.

Podknast ist ein Justiz-Online Projekt, deren Koordinierung beim Ministerbüro (Justizkommunikation) des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen angesiedelt ist.

Kontakt: Inge Roy
Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn
Goethestraße 3, 47166 Duisburg
E-Mail: Inge.Roy@jva-duisburg-hamborn.nrw.de
Weitere Informationen


Projekt „Jugend, Medien und Partizipation“ (JuMP)

Seit 2012 bietet die Bildungsstätte Haus Neuland das Projekt (seit 2018 unter dem Namen „JuMP up!“) speziell für Jugendliche an, die mit politischer Bildung kaum in Berührung kommen und daher bisher wenig erreicht wurden. Intention hinter dem vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt ist es, jungen Menschen mittels digitaler Medien die Möglichkeit zu geben, gesellschaftspolitische Fragestellungen zu bearbeiten und diese dadurch zur politischen Partizipation zu motivieren. Im Rahmen des Projekts wurden medienfokussierte Bildungsangebote für junge Strafgefangene in der Jugendvollzugsanstalt Heinsberg durchgeführt. Insgesamt fanden zwei viertägige Workshops der Reihe „JuMP vor Ort“ zu Wertvorstellungen der jugendlichen Teilnehmenden statt.

Projektbeschreibung | Artikel zum Projekt in der Zeitschrift Außerschulische Bildung 4/2015 [ PDF | 435 KB ]

Projekt www.knastkultur.de

Die vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebene Internetpräsenz www.knastkultur.de bietet eine Übersicht über Musik-, Kunst-, Literatur- und Theaterprojekte im Strafvollzug. Dazu gehören auch Projekte der politischen Bildung, wie das Theaterprojekt „Vorgang Oury Jalloh“. Es wurde in Kooperation mit dem Verein EXIT-EnterLife e.V. und dem Nö-Theater-Ensemble aus Köln durchgeführt. Behandelt wurden neben dem Tod des Asylsuchenden Oury Jalloh, der 2005 in einer Zelle in Dessau verstarb, Themen wie Menschenrechte, Flucht und Asyl, Rassismus und Diskriminierung.

Weitere Informationen

Wanderausstellung „›Lasst mich ich selbst sein‹ Anne Franks Lebensgeschichte“

Das Anne Frank Zentrum Berlin organisiert Ausstellungen sowie Bildungsangebote und ist die deutsche Partnerorganisation des Anne Frank Hauses in Amsterdam. Die Wanderausstellung „›Lasst mich ich selbst sein‹ Anne Franks Lebensgeschichte“ tourt seit 2015 durch Justizvollzugsanstalten (JVA) in Deutschland. Ziel ist es, Inhaftierte zur Lebensgeschichte Anne Franks wie auch zu aktuellen Fragen von Antisemitismus und Diskriminierung weiterzubilden und zu sensibilisieren. In Seminaren werden Inhaftierte zu Peer-Guides ausgebildet, um Besucher_innen durch die Wanderausstellung zu begleiten und Diskussionen anzuleiten.

Projektbericht [ PDF | 699 KB ] | „Unabhängig von der Frage, ob es einen besonderen Bedarf an politischer Bildung im Strafvollzug gibt, müssen wir auch eine grundständige politische Bildung sicherstellen.“ Interview mit Roman Guski, Projektleiter im Arbeitsbereich Wanderausstellungen des Anne Frank Zentrums | „Das Thema politische Bildung im Strafvollzug ist eine ganz große Leerstelle.“ Interview mit Jens Borchert

 

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Tagungshinweise und -dokumentationen

 

Vergangene Fachtagungen


Fachtag „Politische Bildung im Strafvollzug“

Der bundesweite Fachtag „Angebote der politischen Bildungsarbeit in Justizvollzugsanstalten – ein Beitrag zu Deradikalisierung und Prävention von menschenverachtenden Ideologien und Gewalt?“ fand am 23. Juni 2017 in Hannover statt. In Zusammenarbeit mit dem Violence Prevention Network und der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gab das Anne Frank Zentrum Berlin anhand von Ansätzen und Praxisbeispielen einen Einblick in das Feld der politischen Bildung im Strafvollzug.

Tagungsprogramm [ PDF | 2,9 MB ]

Deutscher Präventionstag

Der 24. Deutsche Präventionstag hatte das Thema Prävention und Demokratieförderung. Er fand am 20. und 21. Mai 2019 in Berlin statt. In diesem Rahmen gab es einen Vortrag und eine Gesprächsrunde mit Diana Beyer, Prof. Dr. Jens Borchert, Roman Guski, Maren Jütz und Franziska Göpner zu politischer Bildung im Jugendstrafvollzug. Die im Anschluss veröffentlichte „Berliner Erklärung“ hält fest, dass im Kontext der Radikalisierungsprävention „die verschiedenen Programme und Projekte der politischen Bildung“ besonders wichtig sind und entsprechende finanzielle Unterstützung benötigen.

Tagungsdokumentation

Bundesweiter Fachtag „Politische Bildung im Strafvollzug – Konzepte und Zugänge in der Bearbeitung islamistischer und rechtsextremer Ideologien“

In Kooperation mit dem Violence Prevention Network und der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb veranstaltete das Anne Frank Zentrum Berlin den Fachtag „Politische Bildung im Strafvollzug – Konzepte und Zugänge in der Bearbeitung islamistischer und rechtsextremer Ideologien“ am 8. Juni 2018 in Berlin. Auf der Fachtagung wurden Konzepte und Praxisbeispiele aus der politischen Bildungsarbeit, mit Fokus auf den Themenfeldern Islamismus und rechter Extremismus, präsentiert.

Tagungsdokumentation [ PDF | 1,8 MB ]

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