„In Serious Games steckt viel Potenzial für Demokratiebildung und Citizenship Education.“ Fünf Fragen an Alexander Preisinger

Dr. Alexander Preisinger ist Senior Lecturer am Fachbereich Didaktik der Geschichte an der Universität Wien und betreut dort das GameLab. Er arbeitet zum spielbasierten Lehren und Lernen in der politischen Bildung. Im Interview verweist er auf das Potenzial von Serious Games für die politische Bildung und wünscht sich mehr Austausch mit Spieleentwickler*innen und Jugendarbeit.


Portraitfoto Dr. Alexander Preisinger

Dr. Alexander Preisinger (Foto: privat)

Dr. Alexander Preisinger ist Senior Lecturer am Fachbereich Didaktik der Geschichte an der Universität Wien und betreut dort das GameLab. Er arbeitet zum spielbasierten Lehren und Lernen in der politischen Bildung. Im Interview verweist er auf das Potenzial von Serious Games für die politische Bildung und wünscht sich mehr Austausch mit Spieleentwickler*innen und Jugendarbeit.

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung und was ist das Besondere am GameLab?

Das GameLab wurde 2019 durch eine Kooperation des Instituts für Geschichte mit Nintendo gegründet; seither stehen 20 Switch-Spielekonsolen zur Verfügung. Die Geräte kommen in der Lehre und in der Forschung zum Einsatz. Darüber hinaus verstehen wir uns auch als Service-Einrichtung: Wir verleihen die Geräte an interessierte Lehrkräfte und Studierende können damit ihre empirischen Forschungsarbeiten umsetzen. Wir haben außerdem spielbasierte Workshops entwickelt, mit denen wir in Schulen gehen.

Jedes Jahr produziert das GameLab gemeinsam mit dem Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule – , der zentralen Serviceeinrichtung für politische Bildung in der Schule in Österreich, eine Broschüre zum spielbasierten Lernen. Die letzte Broschüre hat Simulationen in der politischen Bildung behandelt. Passend zum neuen Pflichtfach in Österreich „Digitale Grundbildung“ wird sich die Broschüre 2023 mit Digital Citizenship Education beschäftigten. Sie soll Anregungen dazu geben, wie dieses Bildungsziel mit digitalen Spielen umgesetzt werden kann.


2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?

Für die unterrichtliche Praxis sind meine Beiträge zur Nutzung von digitalen Spielen in der politisch-historischen Bildung relevant. Mir geht es darum, Lehrkräfte zum spielbasierten Lehren zu ermutigen, weil es Schüler*innen eine Agency, also Selbstwirksamkeit und Handlungsmacht, gibt. Kurzum: Im digitalen Spiel dürfen sie handeln und sich nicht nur passiv-rezeptiv mit Politik beschäftigen. Damit kann politische Handlungskompetenz simulativ erworben werden. An Spielen wie „Urban Empire“ oder „Democracy 3“ lassen sich kommunale und staatliche Handlungen und Entscheidungen nachvollziehen und testen. Komplexe Theorien und Konzepte, etwa der Politikzyklus oder die Interdependenz von gesellschaftlichen Faktoren und politischen Entscheidungen, können ‚erlebt‘ werden.

 

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Aus meiner Sicht sollten sich mehr empirische Studien genauer mit Wirkung, Didaktisierung und Möglichkeiten von spielbasiertem Lernen beschäftigen. Es gibt davon bislang viel zu wenige.

 

4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?

Insbesondere für die Lehramtsausbildung im Bereich der politischen Bildung ist der Austausch zwischen Theorie und Praxis fruchtbar. Umgekehrt können aus der Wissenschaft neue Themen in die Praxis transferiert werden. Die Praxis wiederum kann der Wissenschaft Impulse zu Themen der Jugendkultur geben. Die Beschäftigung mit spielbasiertem Lernen ist ohne Praxis überhaupt nicht denkbar; Spiele sind nonlineare Medien und ihre Verwendung im Unterricht mitunter eine echte Herausforderung.

 

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Ich freue mich über Spieleentwickler*innen von Serious Games, die inhaltliche und vor allem didaktische Beratung benötigen. In Serious Games steckt viel Potenzial für Demokratiebildung und Citizenship Education. Weiters wäre für mich mehr Kontakt zu Organisationen im Bereich der Jugendarbeit interessant, die sich zur digitalen Spielekultur, zu Digital Streetwork und zur spielbasierten Jugendarbeit austauschen möchten.

 

Veröffentlicht am 03.11.2022

 

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