„Die erste Regel im Umgang mit rechtsextremer Jugendkultur: Nicht ignorieren!“ Fünf Fragen an Rico Behrens

Prof. Dr. Rico Behrens ist Inhaber des Lehrstuhls für Politische Bildung (Vertretung) an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Wir haben ihm fünf Fragen zu seiner Forschung, zum Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis sowie zu Empfehlungen für die Praxis politischer Bildung gestellt.


Prof. Dr. Rico Behrens

Prof. Dr. Rico Behrens (Foto: privat)

Prof. Dr. Rico Behrens ist Inhaber des Lehrstuhls für Politische Bildung (Vertretung) an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Wir haben ihm fünf Fragen zu seiner Forschung, zum Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis sowie zu Empfehlungen für die Praxis politischer Bildung gestellt.

 

1. Was ist Ihr aktuelles Forschungsprojekt? Was war Ihr letztes Forschungsprojekt?

Aktuell unterstütze ich in einem Modellprojekt Lehrer_innen und Schulsozialarbeiter_innen des berufsbildenden Schulbereichs in der Auseinandersetzung mit rechtsextrem-orientierten Schüler_innen. Davor habe ich in einem Projekt zum Forschenden Lernen mit Studierenden das Thema Rechtsextremismus und Zivilgesellschaft bearbeitet.

 

2. Welche Erkenntnisse Ihrer Forschung sind für die Praxis politischer Bildung besonders relevant?

Pädagog_innen wünschen sich sehr konkrete Unterstützung für ihre Bildungsprozesse, besonders wenn es um eigene Handlungsroutinen geht. Die Ergebnisse meiner Projekte liefern zwar keine „Rezepte“, werden aber von den Kolleg_innen gerade für den Bereich der Auseinandersetzung mit demokratiefernen Jugendlichen immer wieder nachgefragt.

 

3. Welche Vorteile kann ein Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis für die politische Bildung bringen?

Reflektierte Praktiker_innen bereichern uns in der Forschung nicht nur durch Impulse zu Forschungsfragen, sie steigern auch die Passung und Relevanz unserer Arbeit. Umgekehrt bieten sich für politische Bildner_innen Möglichkeiten eigene Konzepte, die Herangehensweise und manchmal auch bisherige „Glaubenssätze“ zu erweitern oder zu reflektieren.

 

4. Sie haben unter anderem erforscht, wie Lehrer_innen mit rechtsextremer Jugendkultur in der Schule umgehen. Welche Empfehlungen können Sie aus Ihrer Forschung für die Praxis politischer Bildung ableiten?

Die erste Regel lautet: Nicht ignorieren! Klingt banal, aber schneller als man denkt befindet man sich in einem Modus, den ich Burgfrieden nenne. Schüler_innen verhalten sich dann zwar angepasster, Lehrer_innen verzichten dafür aber auf die Auseinandersetzung – ein fatales Zeichen für die übrigen Schüler_innen. Besser sind klare Grenzen, insbesondere, wenn konkrete Diskriminierungen im Spiel sind. Flankierend sollte man im Gespräch, in der Diskussion bleiben, ohne zu moralisieren. Pädagog_innen, die so agieren, erleben nicht selten, dass Jugendliche gerade dann ihre Nähe suchen.

 

5. Das aktuelle Jahresthema der Transferstelle lautet „Wenig erreichte Zielgruppen der politischen Bildung – Forschung zu Zugangsmöglichkeiten“. Welche Forschungsarbeit ist Ihnen in diesem Bereich in letzter Zeit besonders aufgefallen und was ist Ihrer Meinung nach die dringendste Forschungsfrage bezüglich Zugangsmöglichkeiten zur politischen Bildung?

Brigitte Fuhrmann, eine Kollegin in Dresden, beschäftigt sich gerade mit der Frage, welche Schüler_innenbilder in Wissenschaft und Praxis der politischen Bildung vorherrschen. Die Dissertation wird uns in der Aus- und Weiterbildung helfen lernprozessförderliche Lerner_innenbilder, vor allem zu wenig erreichten Zielgruppen, zu unterstützen.
Zur letzten Frage: Es sollte verstärkt aus einer Perspektive von Migranti_innen und geflüchteten Menschen auf Barrieren der Mehrheitsgesellschaft geschaut werden. Wo behindern oder erschweren wir Teilhabe, Engagement und Integration? Wo und wie kann hier politische Bildung einen Beitrag leisten?

 

Veröffentlicht am 12.04.2016

 

Zum Weiterlesen

  • Sie finden Rico Behrens in der Landkarte der Forschung zur politischen Bildung
  • Datenbankeintrag: Behrens, Rico (2014): Solange die sich im Klassenzimmer anständig benehmen. Politiklehrer/innen und ihr Umgang mit rechtsextremer Jugendkultur in der Schule, Schwalbach/Ts. (256 S.) mehr lesen


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