„Wie wichtig die Verbindung von Lerntheorie und politischer Bildung für den unterrichtlichen Kontext ist, wird mir immer deutlicher.“ Fünf Fragen an Gudrun Heinrich

Dr.in Gudrun Heinrich leitet die Arbeitsstelle Politische Bildung am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock. Im Interview berichtet sie von aktuellen Buchprojekten zum Thema Extremismusprävention und Demokratiebildung sowie einem neu gegründeten Netzwerk „Bildung und Demokratie“ zur Stärkung der schulischen politischen Bildung/Demokratiebildung in Mecklenburg-Vorpommern.


Dr.in Gudrun Heinrich (Foto: privat)

Dr.in Gudrun Heinrich (Foto: privat)

Dr.in Gudrun Heinrich leitet die Arbeitsstelle Politische Bildung am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock. Im Interview berichtet sie von aktuellen Buchprojekten zum Thema Extremismusprävention und Demokratiebildung sowie einem neu gegründeten Netzwerk „Bildung und Demokratie“ zur Stärkung der schulischen politischen Bildung/Demokratiebildung in Mecklenburg-Vorpommern. Sie fordert mehr Forschung zu (Unterrichts-)Methoden und betont die Verbindung von Lerntheorie und politischer Bildung in der Schule.


1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?

Ein Thema, das mich seit Jahren beschäftigt, ist die Frage des Umgangs mit bzw. der Prävention von Rechtsextremismus. Hierzu habe ich zusammen mit Prof. Dr. Michael May ein kleines Buch vorgelegt, mit dem wir den Diskurs befördern möchten. Rechtsextreme Einstellungen lassen sich auch auf Deprivationserfahrungen, auf die Erfahrung nicht gehört und wahrgenommen zu werden, zurückführen. Für uns gehören daher politische Bildung und Demokratiebildung zusammen. Und Anerkennung der Person – nicht der Position – muss Leitlinie in der Auseinandersetzung sein.

Den Blick auf die außerschulische politische Bildung und Bereiche der Extremismusprävention und Demokratiebildung richte ich beispielsweise durch den bald erscheinenden Sammelband „Demokratie gemeinsam stärken!“. Darin kommen die Akteure der Prävention und Demokratiebildung aus Mecklenburg-Vorpommern zu Wort. Es wird ein Bild der Herausforderungen und auch der Gelingensbedingungen der demokratiestärkenden Arbeit in diesem Bundesland skizziert.

2. Welche Ihrer Erkenntnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?

Wie wichtig die Verbindung von Lerntheorie und politischer Bildung für den unterrichtlichen Kontext ist, wird mir immer deutlicher. Die Verbindungslinien zu unseren Qualitätsstandards wie dem Beutelsbacher Konsens sind hier offensichtlich. Lernen benötigt eine Anforderungssituation und ist als offener Prozess zu gestalten. Bei der Konstruktion dieser Lehr-Lernsituationen helfen die fachdidaktischen Prinzipien. Diese Erkenntnisse sind nun wirklich nicht neu, aber vor allem in der Lehre zeigt sich immer wieder, wie wichtig diese Strukturen für die unterrichtliche Routine sind.


3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Wir wissen über die Wirkung von (Unterrichts-)Methoden noch relativ wenig. Das gilt für die schulische wie die außerschulische Bildung. Für die schulische politische Bildung und die Fachdidaktik sind Projekte der empirischen Unterrichtsforschung höchst relevant. Diese sind häufig aus datenschutzrechtlichen Gründen nur schwer durchführbar, für unser Fach aber essenziell. Auch Forschungen zu außerschulischer politischer Bildung und Demokratiebildung, beispielsweise durch Evaluationsprojekte, sollten weiter ausgebaut werden.

4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?

Der Theorie-Praxis-Transfer ist ein zentrales Anliegen der Arbeitsstelle Politische Bildung an der Universität Rostock. Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen die Lehrkräfte und die Multiplikator*innen der außerschulischen politischen Bildung. Die Verbesserung von Unterricht ist das was mich antreibt. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeitsstelle liegt in der Verbindung von Demokratiepädagogik und politischer Bildung. Beide Bereiche sind sowohl als eigenständige als auch als notwendigerweise verbundene Aufgaben zu betrachten.


5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Wir sind dabei, ein Netzwerk „Bildung und Demokratie“ der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern aufzubauen. Unter dem Dach des landesweiten Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZLB) vernetzen sich Kolleg*innen unterschiedlicher Professionen mit dem Ziel, demokratische Bildung zu stärken. Ich denke, dass neben regionalen Vernetzungen auch Interdisziplinarität eine Aufgabe der Zukunft sein wird. Eine überregionale Vernetzung zu Fragen von Lehrkräftefortbildung und der Verbindung der drei Phasen der Lehrkräftebildung (Universität, Referendariat, Fortbildung) im Bereich der politischen Bildung ist darüber hinaus unser Anliegen. Hier freue ich mich über weitere Kontakte.


veröffentlicht: 21. Juli 2021

Weitere Informationen



Bereich:

Gehe zu:Fachstelle pB