„In Bezug aufs Argumentieren und Urteilen als auch hinsichtlich Fragen zur digitalen Demokratie zeigt sich die Notwendigkeit, inter- und transdisziplinär zu arbeiten.“ Fünf Fragen an Manuel Hubacher

Dr. Manuel Hubacher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum Politische Bildung und Geschichtsdidaktik der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz, das zugleich Teil des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA) ist. Im Interview gibt er Einblicke in seine Forschung zu schulischer politischer Bildung in der Schweiz. Forschungsbedarf sieht er vor allem im Themenkomplex Medien, digitale Demokratie und politische Bildung.


Portraitfoto Dr. Manuel Hubacher

Dr. Manuel Hubacher (Foto: Fachhochschule Nordwestschweiz)

Dr. Manuel Hubacher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum Politische Bildung und Geschichtsdidaktik der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz, das zugleich Teil des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA) ist. Im Interview gibt er Einblicke in seine Forschung zu schulischer politischer Bildung in der Schweiz. Forschungsbedarf sieht er vor allem im Themenkomplex Medien, digitale Demokratie und politische Bildung.

 

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?

Aktuell arbeite ich im von Prof. Dr. Monika Waldis geleiteten Projekt „Argumentieren und Urteilen in der Politischen Bildung“. In einer Interventionsstudie beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir die politische Argumentations- und Urteilskompetenz von Schüler*innen fördern können. Bis Sommer 2024 war ich zudem am – ebenfalls vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung geförderten – Projekt „Stories of the Future. Youth shaping the role of artificial intelligence in democracy“ beteiligt. Hier nutzten wir Foresightmethoden (Methoden der Strategischen Vorausschau) und Narrative, um Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich alternative Zukünfte vorzustellen und ihre politischen und methodischen Fähigkeiten zu verbessern. Eine Publikation dazu finden Sie hier. Daneben habe ich zusammen mit Julia Thyroff an zwei E-Lessons zu Grundlagen der politischen Bildung für PB-Tools.ch gearbeitet, einer Open Educational Ressource für die politische Bildung. In der Deutschschweiz ist politische Bildung erst seit wenigen Jahren flächendeckend im Lehrplan verankert und mit diesem Angebot wollen wir Lehrpersonen der politischen Bildung in der Einführung des neuen Schulfachs unterstützen.

 

2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?

Argumentieren und Urteilen gelten in der Politikdidaktik zu Recht als zentrale Ziele. Insbesondere zu politischer Argumentationskompetenz und der Frage, wie sich diese fördern lässt, gibt es aber erst wenige domänenspezifische Studien. Die Erkenntnisse aus dem Projekt „Argumentieren und Urteilen in der Politischen Bildung“ werden uns erstens erlauben, eine wichtige Kompetenz für politische Partizipation zu fördern. Zweitens entstehen im Projekt empirisch evaluierte Unterrichtsmaterialien, die wir nach ihrer Fertigstellung voraussichtlich veröffentlichen werden.

 

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Neben Fragen zur Argumentations- und Urteilskompetenz scheint mir Forschung zum Themenkomplex Medien, digitale Demokratie und politische Bildung besonders wichtig zu sein. In den letzten Jahren hat sich das Mediensystem massiv verändert. Die Zahl der Produzent*innen (politischer) Information hat sich durch das Internet und speziell durch die sozialen Medien vergrößert, mit diversen Vor- aber auch Nachteilen. Die zunehmende Verbreitung und Nutzung von generativen KI-Systemen eröffnet uns außerdem neue Möglichkeiten, stellt uns aber auch vor neue Herausforderungen. In diesem Kontext ist es notwendig, sich damit zu beschäftigen, welche Rolle politische Bildung übernehmen soll und wie sie politische Partizipation und Mitgestaltung in einer Welt ermöglichen kann, in der Politik mit, durch und in Medien stattfindet.

 

4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?

Sowohl in Bezug auf Argumentieren und Urteilen als auch hinsichtlich Fragen zur digitalen Demokratie zeigt sich die Notwendigkeit, inter- und transdisziplinär zu arbeiten. Argumentationskompetenz zu fördern ist beispielsweise nicht nur eine Aufgabe und ein Anliegen politischer Bildung, sondern auch, um nur zwei zu nennen, der Deutsch- oder Philosophiedidaktik. Digital- oder Medienkompetenz – die notwendig ist, um sich selbstbestimmt im digitalen Raum zu bewegen –, erfordert es unter anderem, (digitale) Medien nutzen, aber auch kritisch analysieren und bewerten zu können. Um dies zu fördern, ist eine Zusammenarbeit zwischen Fachdidaktiker*innen, Fachwissenschaftler*innen und Praktiker*innenerforderlich.

 

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Rückmeldungen von Lehrpersonen, die das Angebot PB-Tools.ch ausprobiert haben, freuen mich sehr. Ebenfalls bin ich an einem Austausch zum Thema Argumentieren und Urteilen in der politischen Bildung sowie zum Themenkomplex Medien, digitale Demokratie und politische Bildung interessiert.

 

 

Veröffentlicht am 02.12.2024

 

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