Fachforum „Politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“

Am 9. Oktober 2020 lud die Fachstelle politische Bildung zum dritten digitalen Fachforum dieses Jahres ein. Expert_innen aus Wissenschaft und Praxis sprachen dieses Mal über die Schnittstelle von „Politischer Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“.


Fachforum „Politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“

Am 9. Oktober 2020 lud die Fachstelle politische Bildung zum dritten digitalen Fachforum dieses Jahres ein. Expert_innen aus Wissenschaft und Praxis sprachen dieses Mal über die Schnittstelle von „Politischer Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“.

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gewinnt seit Jahren an Bedeutung und ist in Gesellschaft, Forschung, Bildung und Politik zunehmend präsent. Die Vereinten Nationen riefen schon von 2005 bis 2014 die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ aus, um Lösungen für globale Probleme wie Klimawandel, Armut oder Raubbau an der Natur zu finden. Ein weiteres Ziel war die Verankerung nachhaltiger Entwicklung als Leitbild in allen Bildungsbereichen – ein Ziel, das an das UNESCO-Weltaktionsprogramms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2014-19) anknüpfte. BNE ist außerdem Bestandteil der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.

Nachhaltige Entwicklung – und damit auch BNE – richtet sich an den jeweiligen ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten immer wieder neu aus. Politische Entscheidungen gehören zum Kern einer sogenannten gesellschaftlichen Transformation und zu einem „guten Leben“ für alle Menschen (globale Gerechtigkeit). Trotzdem berücksichtigen viele Konzepte einer Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht notwendig auch politische Bildungsaspekte, d.h., die Verbindung von BNE und politischer Bildung ist nicht selbstverständlich.

Beim Fachforum diskutierten Prof.in Claudia Bergmüller-Hauptmann (PH Weingarten), Steffi Kreuzinger (Ökoprojekt MobilSpiel e.V.), Prof. Bernd Overwien (Uni Kassel), Daniela Peulen (Eine Welt Netz NRW), Prof. Marco Rieckmann (Uni Vechta), Dr.in Mandy Singer-Brodowski (FU Berlin / Institut Futur), Jens Tanneberg (Arbeit und Leben Bremen) und Dr.in Helle Becker (Fachstelle politische Bildung).

Die Teilnehmenden kamen im Verlauf der Veranstaltung wiederholt auf die im Beutelsbacher Konsens formulierten Grundsätze politischer Bildung zu sprechen, die vor allem für die schulische politische Bildung große Bedeutung haben. Einige Akteur_innen der politischen Bildung sehen durch eine Verbindung mit BNE das Überwältigungsverbot und das Kontroversitätsgebot gefährdet. Im Gespräch konnte gezeigt werden, dass dies v.a. an einem stark vereinfachten Verständnis von BNE und den Zielen für nachhaltige Entwicklung sowie der teilweise sehr normativ geführten öffentlichen Debatte über den Klimawandel liegt. Die Diskutant_innen hoben hervor, dass BNE und politische Bildung – aufgrund der globalen Komponente von Nachhaltigkeitsfragen sowie den damit verbundenen epochaltypischen Schlüsselproblemen (vgl. Klafki 1996, S. 56)* – zusammengedacht werden müssen. Sowohl bei politischer Bildung als auch bei Bildung für nachhaltige Entwicklung geht es um das Verstehen zentraler, weltgesellschaftlicher Probleme, die globaler politischer Lösungen bedürfen.

Die Rolle von Emotionen bei Themen wie Nachhaltigkeit und Klimawandel sowie deren Berücksichtigung in Bildungskonzepten von BNE und politischer Bildung waren ein weiterer Diskussionspunkt. Auch die Frage, wieso sich nonformale außerschulische Bildungseinrichtungen hinsichtlich ökologischer und politischer Themen stärker positionieren und teilweise innovativere Bildungsformate und -themen im Bereich BNE und politischer Bildung anbieten als formale (schulische, berufliche) Bildung, wurde erörtert. Als ein Grund wurde genannt, dass formale Bildungseinrichtungen standardisierte Bildungsabschlüsse vergeben und dementsprechend hauptsächlich leistungs- und bewertungsorientiert handeln. Im Gegensatz dazu ist nonformale Bildung stärker subjektorientiert und hat vielseitigere, „zwanglosere“ Möglichkeiten bei der Themen- und Methodenwahl.

Die Expert_innen identifizieren viele Gemeinsamkeiten zwischen politischer Bildung und BNE. Vor allem sahen sie weiteren fachlichen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis sowie der Wissenschaftsdisziplinen untereinander als notwendig für eine Stärkung beider Bereiche an. Eine Fachtagung dazu wäre ein nächster hilfreicher Schritt.

Das Fachforum setzte eine Veranstaltungsreihe fort, in der die Fachstelle politische Bildung Expert_innen aus Wissenschaft und Praxis der politischen Bildung einlädt, um zu ausgewählten Themen über die Vielfalt der politischen Bildungslandschaft zu beraten und zu sondieren, wie Akteur_innen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen und praktischen Kontexten in einen Austausch – und perspektivisch in eine fruchtbare Zusammenarbeit – kommen können.

* Klafki, Wolfgang (1996): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. 4. Auflage. Weinheim: Beltz

Foto: v.l.n.r.Annabell Brosi (Fachstelle politische Bildung), Chantal Filipiak (Fachstelle politische Bildung), Marita Klink (Fachstelle politische Bildung), Danica Finger (Fachstelle politische Bildung), Dr.in Helle Becker (Fachstelle politische Bildung), Prof. Bernd Overwien (Uni Kassel), Steffi Kreuzinger (Ökoprojekt MobilSpiel e.V.), Prof.in Claudia Bergmüller-Hauptmann (PH Weingarten), Jens Tanneberg (Arbeit und Leben Bremen), Prof. Marco Rieckmann (Uni Vechta), Dr.in Mandy Singer-Brodowski (FU Berlin / Institut Futur) und Daniela Peulen (Eine Welt Netz NRW).



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