„Wir würden gerne mehr zur Wirkung von Partizipationserfahrungen junger Menschen erfahren.“ Interview mit Elisabeth Heeke

Elisabeth Heeke ist Sozialpädagogin, Moderatorin für Engagement- und Partizipationsförderung und Mitarbeiterin der Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung in Nordrhein-Westfalen (NRW) beim LWL-Landesjugendamt Westfalen. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit gesprochen, sie gefragt, welche Rolle wissenschaftliche Erkenntnisse der politischen Bildung dabei spielen und welche Erfahrungen sie mit Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule hat.


©LWL/Gleis

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Elisabeth Heeke ist Sozialpädagogin, Moderatorin für Engagement- und Partizipationsförderung und Mitarbeiterin der Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung in Nordrhein-Westfalen (NRW) beim LWL-Landesjugendamt Westfalen. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit gesprochen, sie gefragt, welche Rolle wissenschaftliche Erkenntnisse der politischen Bildung dabei spielen und welche Erfahrungen sie mit Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule hat.

Transferstelle politische Bildung: Was sind die Aufgaben der Servicestelle für Kinder und Jugendbeteiligung in NRW?

Elisabeth Heeke: Wir entwickeln in der Servicestelle die Kinder- und Jugendbeteiligung in Nordrhein-Westfalen fachlich und fachpolitisch weiter. Wir beraten öffentliche und freie Jugendhilfeträger in Nordrhein-Westfalen, aber auch Jugendpolitiker_innen auf kommunaler Ebene und Landesebene mit Blick auf Konzept und Umsetzung der Jugendbeteiligung. Und wir unterstützen den Kinder- und Jugendrat NRW, das ist der Dachverband der Kinder- und Jugendgremien. Darüber hinaus vernetzten wir Akteure im Bereich der Jugendbeteiligung auf Landes- und Bundesebene und unterstützen lokale Prozesse der Kinder- und Jugendbeteiligung. Außerdem führen wir Großveranstaltungen, Fachtagungen und Fortbildungen – wenn es sich anbietet für junge Menschen, Fachkräfte und Kommunalpolitik - durch. Diese von uns präferierte Dreierkonstellation nennen wir auch „trialogisch“.

Wir sind auch für verschiedene Förderprogramme mit zuständig. Wir haben z. B. ein eigenes Förderprogramm des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL), das heißt „Partizipation und Demokratie fördern“.

TpB: Welche Rolle spielen wissenschaftliche Erkenntnisse in Ihrer Arbeit und wie oder wofür nutzen Sie diese?

EH: In den ersten zwei Jahren unseres Projektes „Servicestelle“ haben wir eng mit unserer begleitenden Planungsgruppe zusammengearbeitet und hatten zu den Terminen immer auch eine Fachwissenschaftlerin eingeladen. Ganz praktisch haben wir für den diesjährigen Kinder- und Jugendhilfetag eine Fachveranstaltung konzipiert und in Kooperation mit dem Jugendministerium NRW organisiert. Die Veranstaltung haben wir „Das partizipatorische Quartett“ genannt und dafür vier einschlägige Fachwissenschaftler_innen eingeladen, um unter dem Motto „Ein Blick zurück nach vorne“ den aktuellen Sachstand und Perspektiven der Kinder- und Jugendbeteiligung auszuloten. Es war sehr spannend, durch den wissenschaftlichen Blick unsere Erkenntnisse aus der Beratung von Kommunen und Akteuren vielfach bestätigt zu bekommen. Außerdem versuchen wir, die wissenschaftliche Entwicklung zur Kinder- und Jugendbeteiligung mitzuverfolgen. Wir sind allerdings sehr stark in das aktuelle Tagesgeschäft eingebunden und haben von daher nicht unseren Hauptfokus auf die wissenschaftliche Perspektive. Aber wenn uns aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse bekannt sind, fließen diese selbstverständlich auch in unsere Arbeit ein.

TpB: Gibt es empirische Forschungsarbeiten aus der letzten Zeit, die für Ihre Arbeit besonders relevant waren?

EH: Eher nicht, jedenfalls sind uns keine bekannt. Wir schaffen es oft nicht aus zeitlichen Gründen, die Entwicklung weiterzuverfolgen. Wir haben aber auch den Eindruck, dass insbesondere zum Thema Kinder- Jugendbeteiligung nicht sehr viel geforscht wird.

TpB: Zu welchen konkreten Themen würden Sie sich Forschung im Kontext Ihrer Arbeit wünschen?

EH: Wir würden gerne mehr zur Wirkung von Partizipationserfahrungen junger Menschen erfahren, d.h. wie sich diese langfristig auf ihr Demokratieverhalten und -verständnis und auf ihre Persönlichkeitsentwicklung auswirken. Die Praxis hat einen starken Bedarf an praxistauglichen Fortbildungen zu Methoden und Formaten für die Fachkräfte vor Ort. Hier werden tragfähige Konzepte benötigt. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es nichts Standardisiertes gibt, was wir allen Kommunen empfehlen können, da sich die Kommunen in NRW sehr stark voneinander unterscheiden. Interessant wäre für uns zum Beispiel eine wissenschaftliche Erhebung über unterschiedliche kommunale Beteiligungskonzepte, deren Vergleich und Evaluation sowie daraus abgeleiteten Empfehlungen. Viele Akteure, insbesondere Entscheider in diesem Kontext wünschen sich klare Empfehlungen, beispielsweise für die Personalressourcen zum Thema Jugendbeteiligung.

TpB: Haben Sie bzgl. Konzeptentwicklung Empfehlungen aus Ihrer Arbeit für die Praxis?

EH: Uns ist es wichtig, junge Menschen immer möglichst direkt in die Konzeptfindung mit einzubeziehen und ihre Bedarfe von Anfang an mitzubedenken. Man sollte also nicht für sie planen, sondern mit ihnen.

TpB: Welche Rolle spielen Kooperationen schulischer und außerschulischer Träger für die Kinder- und Jugendbeteiligung in NRW?

EH: Ein Beispiel für Kooperationen sind die vielen kommunalen Jugendgremien, also Jugendparlamente und -beiräte, die i. d. R. alle ein bis zwei Jahre neugewählt werden. Es gibt auch vereinzelt z. B. dreijährige Legislaturperioden. Das Wahlverfahren und die Suche nach Kandidat_innen finden häufig in Kooperation mit Schulen statt, weil das der Ort ist, wo sich alle Jugendlichen aufhalten. Ich sehe aber noch viel mehr Möglichkeiten, stärkere Kooperationen und Vernetzungen mit Schule herzustellen, insbesondere mit dem Politikunterricht. Viele Jugendliche wünschen sich einen besseren oder anderen Politikunterricht, das erfahren wir immer wieder. Die Jugendlichen äußern die Wünsche, dass der Unterricht praxisnäher sein sollte oder auch mal eine Art kommunalpolitisches Praktikum im Rahmen des Schulunterrichts umgesetzt werden könnte. In dem Bereich gäbe es auf jeden Fall Entwicklungsmöglichkeiten für Kooperationen.

TpB: Dienen die Kooperationen der Jugendgremien mit den Schulen v.a. dazu, Zugang zu den Jugendlichen zu bekommen oder gehen sie darüber hinaus? Und wer ergreift Ihrer Erfahrung nach eher die Initiative für eine Kooperation?

EH: Ob die Kooperation darüber hinausgeht, hängt unserer Erfahrung nach sehr von den jeweiligen beteiligten Personen in den Schulen und den außerschulischen Akteuren und Trägern ab. Die Initiative zur Kooperation kommt dabei nach unserer Erfahrung eher von außerschulischen Akteuren als von den Schulen, also von den Mitarbeiter_innen, die die Kinder- und Jugendgremien in den Kommunen betreuen bzw. in der Jugendhilfe tätig sind.

 

veröffentlicht am 14.12.2017



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