„Wir brauchen mehr Forschung zu politischen Bildungsprozessen im informellen Bereich.“ Fünf Fragen an Uwe Hirschfeld

Uwe Hirschfeld ist Professor für Politikwissenschaft an der Evangelischen Hochschule Dresden. Im Kurzinterview gibt er Einblicke in seine Forschung zu politischer Bildung, plädiert für mehr Forschung zum informellen Bereich und betont die Wichtigkeit, die unterschiedlichen Handlungsbedingungen der Akteure politischer Bildung wahrzunehmen.


Foto: Christoph Honig

Uwe Hirschfeld ist Professor für Politikwissenschaft an der Evangelischen Hochschule Dresden. Im Kurzinterview gibt er Einblicke in seine Forschung zu politischer Bildung, plädiert für mehr Forschung zum informellen Bereich und betont die Wichtigkeit, die unterschiedlichen Handlungsbedingungen der Akteure politischer Bildung wahrzunehmen.

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?

Gegenwärtig beschäftige ich mich mit der Frage, ob und wie die Foto-Theorie John Bergers für die politische Bildungsarbeit genutzt werden kann. Im Unterschied zu anderen Ansätzen versteht er Fotos nicht vom (Kunst-)Werk her, sondern als soziales Zitat. Will man das für die politische Bildung produktiv aufgreifen, ist zu prüfen, wie sich der Zitatcharakter im pädagogischen Prozess verändert. Daher wird es hauptsächlich um die Kontextualisierungen in der Bildpräsentation gehen.

Ein zweites Projekt versucht, ein Konzept von „Politik als Bildung“ zu entwerfen. Für politische Bildner_innen ist spätestens mit Paulo Freires „Pädagogik der Unterdrückten. Bildung als Praxis der Freiheit.“ klar, dass Pädagogik Politik ist. Was aber bedeutet es, wenn man Politik umgekehrt auch als Bildung versteht? Welche Angebote und/oder Hindernisse stecken in spezifischen Formen politischen Handelns? Das Konzept soll einen bildungssensiblen Umgang mit politischen Forderungen, Maßnahmen und Perspektiven fördern.

Zuvor habe ich mich mit Gramscis Konzept des Alltagsverstandes und seiner Relevanz für die politische Bildung in der Sozialen Arbeit befasst.

2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse halten Sie für besonders relevant für die Praxis politischer Bildung?

Für besonders relevant halte ich die bewusste Wahrnehmung des „mäeutischen Moments“ in der Bildungsarbeit, das heißt die Förderung der Selbstverfügung Lernender. Dabei geht es darum, die didaktische Subjektorientierung nicht nur als motivationales Element zu sehen, sondern als Kern politischen Lernens.


3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Wir brauchen mehr Forschung zu politischen Bildungsprozessen im informellen Bereich, also zu den Vorgängen, die außerhalb nonformaler und formaler Bildungskontexte stattfinden.

4. Was ist für einen Dialog von Wissenschaft und Praxis sowie einen Austausch sowohl zwischen den Wissenschaftsdisziplinen als auch innerhalb dieser wichtig?

Für einen Dialog ist es wichtig, dass die unterschiedlichen Handlungsbedingungen der Akteure in Wissenschaft, organisierter politischer Bildung und sozialpädagogischer Praxis gegenseitig zur Kenntnis genommen werden.

 

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern: zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen, aber auch zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler_innen, Praktiker_innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Ich tausche mich gerne mit Kolleg_innen aus, die sich für politische Bildung in den Maßnahmen und Settings Sozialer Arbeit interessieren.

 

Veröffentlicht am 13.08.2019

 

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