„Politische Bildungsforschung sollte sich auf aktuelle Problemlagen beziehen“ Fünf Fragen an Julia Grün-Neuhof
Dr.in Julia Grün-Neuhof ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Arbeit und Politik der Universität Bremen (zap) und am Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ). Im Interview mit der Fachstelle berichtet sie von ihrer aktuellen Transferforschung in der politischen Bildung und spricht über den Mehrwert von Austausch und Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis sowie zwischen den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen.
Dr.in Julia Grün-Neuhof ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Arbeit und Politik der Universität Bremen (zap) und am Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ). Im Interview mit der Fachstelle berichtet sie von ihrer aktuellen Transferforschung in der politischen Bildung und spricht über den Mehrwert von Austausch und Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis sowie zwischen den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen.
1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?
Aktuell beschäftige ich mich am Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) mit Formaten individueller und gesellschaftlicher Teilhabe sowie mit der Erforschung und Entwicklung von politischem Bildungstransfer im Kontext konkreter Zusammenhaltsproblematiken. Zuvor habe ich zu Themen der Politikdidaktik geforscht, unter anderem zu Lernendenvoraussetzungen und zu der Theorie-Praxis-Verzahnung in der Lehrer_innen(aus)bildung.
2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?
Ich halte insbesondere solche für relevant, die im Rahmen eines Austauschs von Wissenschaft und Praxis entstanden sind, zum Beispiel die in einem Transferlabor erfassten Schüler_innenvorstellungen zum Thema Freiheit, die in einem kooperativen Partnerschaftsmodell entwickelten phasenübergreifenden Kompetenzen von (angehenden) Lehrer_innen oder das durch Aktionsforschung entstandene Übergangsmanagement für Interessenvertreter_innen. Für letzteres wurden zusammen mit Praxisakteur_innen Beratungs- und Bildungsprozesse entwickelt, erprobt und umgesetzt, um Übergänge gelingend zu gestalten, beispielsweise in die freigestellte Betriebs- und Personalratsarbeit oder aus der Freistellung heraus in eine andere berufliche Tätigkeit.
3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?
Politische Bildungsforschung sollte sich auf aktuelle Problemlagen beziehen – dazu gehört für mich die Auseinandersetzung mit Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts (unter anderem Klassismus, Gender, Rassismus), mit den politischen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen und ihrer jeweiligen Verwirklichungschancen, mit Wirkungen von Demokratiebildung, mit der Herstellung von Geltung sozialwissenschaftlichen Wissens im Unterricht, mit sprachsensiblem und gendergerechtem Fachunterricht.
4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?
Kooperative Partnerschaft von Wissenschaft und Praxis in der politischen Bildung eröffnet Lösungsoptionen für konkrete Problemlagen durch Partizipation verschiedener Akteure. Zudem führt der Dialog auch häufig dazu, die eigene standortgebundene Perspektive zu reflektieren. Kollaboration verschiedener Wissenschaftsdisziplinen kann neues Wissen und neue Praktiken entstehen lassen, Innovationen können befördert und Wirkungen sich nicht nur für Wissenschaft, sondern auch für Gesellschaft entfalten.
5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler_innen, Praktiker_innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?
Ich freue mich über Austausch mit Kolleg_innen aus der politischen Bildungsforschung sowie mit Kolleg_innen aus den Handlungsfeldern Jugend/-politik, Engagement, Ökologie und Kultur. Grundsätzlich interessiert mich die Schnittstelle von Wissenschaftsforschung, Wissenschaftspraxis und Praxis, weshalb ich den Dialog mit denjenigen suche, die sich forschend und/oder praktisch mit politischem Bildungstransfer auseinandersetzen.
Veröffentlicht am 14.04.2021
Zum Weiterlesen
- Sie finden Julia Grün-Neuhof in der Landkarte der Forschung zur politischen Bildung