„Gesellschaft im Wandel – Neue Aufgaben für die politische Bildung und ihre Didaktik?“ Bericht zur GPJE-Jahrestagung 2018

Die diesjährige Jahrestagung der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE) fand vom 14. bis 16. Juni an der Universität Mainz statt. Unter dem Motto „Gesellschaft im Wandel – Neue Aufgaben für die politische Bildung und ihre Didaktik?“ wurden aktuelle gesellschaftliche Wandlungsprozesse und die Frage, wie politische Bildung darauf reagieren sollte, diskutiert.


Farina Nagel, Fachstelle politische Bildung

Farina Nagel, Fachstelle politische Bildung

Die diesjährige Jahrestagung der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE) fand vom 14. bis 16. Juni an der Universität Mainz statt. Unter dem Motto „Gesellschaft im Wandel – Neue Aufgaben für die politische Bildung und ihre Didaktik?“ wurden aktuelle gesellschaftliche Wandlungsprozesse und die Frage, wie politische Bildung darauf reagieren sollte, diskutiert.

Die Fachtagung wurde durch die Veranstalterin Kerstin Pohl (Professorin für Didaktik der politischen Bildung, Universität Mainz) und der GPJE-Sprecherin Monika Oberle (Professorin für Politikwissenschaft und Didaktik der Politik, Universität Göttingen) eröffnet.

Grenzen des Finanzmarktkapitalismus und daraus folgende Herausforderungen für die politische Bildung

Nach den Grußworten stellte Klaus Dörre (Professor für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie, Universität Jena) seine Überlegungen zur sogenannten Landnahme im Finanzmarktkapitalismus, angelehnt an Marx, vor. Das Expansionsparadoxon eines nach Gewinnmaximierung strebenden Kapitalismus basiere auf der Voraussetzung, immer mehr Ressourcen vereinnahmen zu müssen (Prinzip der Landnahme), da er sich nicht selbst reproduzieren kann. Das Prinzip der Landnahme übertrug Dörre auf einen „digitalen Kapitalismus“, in dem wenige große Konzerne, wie Facebook und Google, mit dem Finanzkapital verschmelzen. Er machte deutlich, dass die davon ausgehenden Gefahren Thema der politischen Bildung sein sollten.

David Strecker (Professor für politische Theorie und Philosophie, Universität Frankfurt) beschäftigte sich anschließend in seinem Vortrag mit dem Stellenwert von Gesellschaftheorie und wie sie sich von Sozialtheorie unterscheidet.

Podiumsdiskussion zur gesellschaftstheoretischen Begründung politischer Bildung

Bereits in den Eingangsstatements wurde die kontroverse Auseinandersetzung über die Bedeutung von Gesellschaftstheorien für die politische Bildung deutlich. Dabei wurden der politische Gehalt von Zeitdiagnose(n), die Kompetenzdebatte und die daraus folgenden didaktischen Konsequenzen diskutiert. Unter anderem wurde erläutert, dass politische Bildung ohne Gesellschaftheorie orientierungslos ist, dass nicht jede Gesellschaftstheorie auch politische Verhältnisse in den Blick nimmt und Problemlösekompetenz zu mehr politischer Mündigkeit beitragen kann. Auf dem Podium diskutierten Andrea Szukala (Professorin für Didaktik der Sozialwissenschaften, Universität Münster), Karl-Heinz Breier (Professor für politische Bildung, Universität Vechta), Helmut Bremer (Professor für Erwachsenenbildung und politische Bildung, Universität Duisburg-Essen), Andreas Eis (Professor für Didaktik der politischen Bildung, Universität Kassel) und Wolfgang Sander (Professor für Didaktik der Sozialwissenschaften, Universität Gießen). Moderiert wurde die Diskussion von Kerstin Pohl.

Posterpräsentation: „Landkarte der Forschung zur politischen Bildung“

Der zweite Tag begann mit der Posterpräsentation, bei der vor allem der wissenschaftliche Nachwuchs politischer Bildung seine Projekte vorstellte. Auch die Fachstelle politische Bildung präsentierte ihr Vorhaben einer „Landkarte der Forschung zur politischen Bildung“, die erstmalig einen Überblick über die Akteur_innen in der Forschung zu politischer Bildung in Deutschland geben wird und eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit und einen breiteren Austausch untereinander ermöglichen soll. Das Vorhaben stieß auf großes Interesse und wurde beim offenen Posterrundgang mit den Anwesenden diskutiert. Download Poster [ JPEG | 436 KB ]

 

Wissenschaftliche Panels zum Thema „Gesellschaftstheorie und politische Bildung“

Es folgten wissenschaftliche Vorträge in moderierten Panels. Farina Nagel, wissenschaftliche Referentin der Fachstelle politische Bildung, moderierte das Panel, in dem Natalie Grobshäuser (wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut für Politikwissenschaft, PH Karlsruhe) zu Lerngelegenheiten im Politikunterricht und Luisa Lemme (akademische Mitarbeiterin Lehrstuhl für politische Bildung, Universität Potsdam) zum Wandel von Staatlichkeit referierten.

In weiteren Panels berichteten Dr. Alexander Wohnig (Post-Doc, Heidelberg School of Education) und Alexander Mack (Referent für politische Jugendbildung, Haus am Maiberg) über die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts „Politische Partizipation als Ziel der politischen Bildung“, das von der Fachstelle politische Bildung als Mitglied der Steuerungsgruppe beraten wird. Alexandra Budke (Professorin am Institut für Geographiedidaktik, Universität Köln) und Miriam Kuckuck (Juniorprofessorin für Didaktik des Sachunterrichts, Universität Wuppertal) forderten in ihrem Vortrag, dass politische Bildung zukünftig auch für das Fach Geografie in der Lehramtsausbildung gelehrt wird.

 

Herausforderungen und Grenzen integrativer gesellschaftswissenschaftlicher Bildung

Thema der anschließenden Podiumsdiskussion waren Chancen und Herausforderungen eines integrativen gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichts. Dabei wurden verschiedene Forderungen formuliert, beispielsweise mehr Stunden für gesellschaftswissenschaftliche Bildung im Lehrplan, kooperativer Unterricht, Strukturentwicklung für Integrationsfächer, Überarbeitung des Curriculums und die Formulierung von Schlüsselproblemen bzw. Kompetenzstandards. An der Diskussion beteiligten sich Inga Gryl (Professorin für die Didaktik des Sachunterrichts mit dem Schwerpunkt Gesellschaftswissenschaften) und Sabine Manzel (Professorin für Didaktik der Sozialwissenschaften), beide Universität Duisburg-Essen, Tatiana Zimenkova (Juniorprofessorin für Diversität und Differenz in den Fachdidaktiken sowie der Schul- und Unterrichtsforschung am Kompetenzzentrum für Lehrerbildung und Lehr-/Lernforschung, TU Dortmund), Joachim Detjen (Professor i.R. für politische Bildung, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), Tilman Grammes (Professor für Didaktik sozialwissenschaftlicher Fächer, Universität Hamburg) und Christoph Kühberger (Professor für Geschichts- und Politikdidaktik, Universität Salzburg). Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Monika Oberle.

Neuer GPJE-Vorstand und Preisverleihung

Der letzte Tag der Jahrestagung begann mit der GPJE-Mitgliederversammlung. Monika Oberle wurde als Sprecherin wiedergewählt. Zudem wurden Tim Engartner (Professor für Didaktik der Sozialwissenschaften, Universität Frankfurt am Main), Inken Heldt (ab Oktober Juniorprofessorin für die Didaktik der Politischen Bildung, TU Kaiserslautern) und Kerstin Pohl in den Vorstand berufen, sowie Elia Scaramuzza (wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Didaktik der politischen Bildung, Uni Mainz) zum Nachwuchssprecher gewählt.

Zum Abschluss wurden zwei Preise verliehen: Den Preis für das beste Poster, gestiftet von der GPJE, gewann Anja Bofing (wissenschaftliche Mitarbeiterin Sozialwissenschaften, Universität Köln) zum Dissertationsprojekt „Ökonomische Alltagstheorien von Förderschüler_innen“. Den Ursula-Buch-Preis, gestiftet vom Wochenschau Verlag, gewann Dr.in Sophie Schmitt (wissenschaftliche Mitarbeiterin Demokratiezentrum Hessen, Universität Marburg) für ihre Promotionsschrift „Jenseits des Hängemattenlandes. Arbeit und Arbeitslosigkeit aus der Sicht von Jugendlichen. Eine Rekonstruktion ihrer Orientierungen und ihre Bedeutung für die politische Bildung“. Der Preis wird für herausragende politikdidaktische Dissertationen und Forschungsarbeiten von promovierten Nachwuchswissenschaftler_innen von der GPJE vergeben.

Die Fachstelle politische Bildung gratuliert dem neuen GPJE-Vorstand und den Gewinnerinnen des Poster- und des Ursula-Buch-Preises herzlich.

 

Zum Weiterlesen

  • „Die Vorstellungen, die Jugendliche über Arbeit haben, sind Rohstoffe der politischen Bildung“. Interview mit Sophie Schmitt mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Schmitt, Sophie (2017): Jenseits des Hängemattenlandes. Arbeit und Arbeitslosigkeit aus der Sicht von Jugendlichen. Eine Rekonstruktion ihrer Orientierungen und ihre Bedeutung für die Politische Bildung mehr lesen


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