„Es braucht das Anbahnen und Unterstützen von utopischen Fantasien und dazugehörigen Kompetenzen.“ Fünf Fragen an Hendrik Kasper Schröder

Dr. Hendrik Kasper Schröder ist Lektor für Politikwissenschaft und ihre Didaktik an der Universität Bremen, derzeit vertritt er die Professur für die Didaktik der Sozialwissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal. Aktuell forscht er zum Thema Emotionen in politischen Prozessen und beschäftigt sich mit der Bedeutung von Utopien für die politische Bildung. Er wünscht sich eine bessere gegenseitige Wahrnehmung in Hinblick auf empirische und theoretische Forschungstätigkeiten im Feld der politischen Bildung.


Portraitfoto von Dr. Hendrik Kasper Schröder

Dr. Hendrik Kasper Schröder (Foto: privat)

Dr. Hendrik Kasper Schröder ist Lektor für Politikwissenschaft und ihre Didaktik an der Universität Bremen, derzeit vertritt er die Professur für die Didaktik der Sozialwissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal. Aktuell forscht er zum Thema Emotionen in politischen Prozessen und beschäftigt sich mit der Bedeutung von Utopien für die politische Bildung. Er wünscht sich eine bessere gegenseitige Wahrnehmung in Hinblick auf empirische und theoretische Forschungstätigkeiten im Feld der politischen Bildung.

 

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?

Aktuell forsche ich zur Rolle von Emotionen in politischen (Bildungs-)Prozessen und ganz konkret zur Bedeutung von Emotionalität beim (politischen) Urteilen. Da diese Themen in der Politikdidaktik eher randständig behandelt wurden, wage ich einen Spagat zwischen grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung. Zeitgleich bewegt mich die Frage, wie sich unsere Disziplin in Zukunft aufstellen sollte. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich daher auch mit der Bedeutung von Utopien für die politische Bildungsarbeit.

 

2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?

Eine für die Praxis geschriebene Übersicht meiner Forschungsergebnisse zum Thema Emotionen und politischen Urteilen findet sich frei zugänglich auf den Seiten des bap e.V. Besonders relevant dürfte aber auch sein, welche Antworten die politische Bildung für eine sich radikal verändernde Welt bereithält. Die Bewältigung und Verwaltung des Bestehenden alleine geben keine hinreichenden Antworten. Auf individueller Ebene braucht es das Anbahnen und Unterstützen von utopischen Fantasien und dazugehörigen Kompetenzen, um außerhalb bestehender Paradigma Denken und Handeln zu können. (Meine) Arbeiten hierzu halte ich daher ebenfalls für interessant. 

 

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Insgesamt wünsche ich mir, besonders für den Bereich der Wirkungsforschung innerhalb der politischen Bildung, bessere Rahmenbedingungen. Dazu gehören ein kontinuierliches Monitoring in Form von Längsschnittstudien, nicht als Ausnahme- sondern als Regelfall, und gemeinsam getragene und interdisziplinär zusammengesetzte Forschungsverbünde. Mehr Förderung verdienen zudem die Kolleg*innen im Bereich der Praxisforschung. Ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie ihre Forschungsideen sind für die Disziplin eine wertvolle Ressource, die kaum genutzt wird. Inhaltlich hatte ich bereits verraten, dass ich nach vorne gerichtete Ansätze für sinnvoll halte. Dennoch nehme ich grundsätzlich keine Wertung in Bezug auf Forschungsthemen usw. vor. Das zu tun, widerspräche nicht nur der Wissenschaftsfreiheit, sondern verkennt auch, dass nur das Zusammensetzen der Puzzleteile ein komplettes Bild ergibt. Wir haben bereits viele tolle Forschungsansätze innerhalb der Disziplin. Eine ständige Herausforderung und vielfach verbesserungswürdig ist jedoch das „sich gegenseitig wahrnehmen und aufeinander beziehen“. Zu viele gute Arbeiten, Ansätze und Ideen stehen für sich alleine und werden in Diskursen und Wissenschaftspraxen nicht angemessen repräsentiert.

 

4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?

Aus Sicht der Politikdidaktik ist diese Frage eindeutig zu beantworten: Ihre ganze Legitimation speist sich aus ihrer Bedeutung für die politische Bildungspraxis. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung war in diesem Feld nie als Selbstzweck gedacht. Ohne Austausch mit Praktiker*innen würde sie zu einer um sich selbst kreiselnden Disziplin. Die politische Bildung erwartet von den Wissenschaften zu Recht Unterstützung bei der professionellen Bewältigung ihrer Aufgaben. Die gegenseitige Bezugnahme ist daher für beide Seiten unerlässlich.


5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Inhaltlich würde ich da keine Einschränkungen vornehmen und freue mich grundsätzlich über Kontakte zu Praktiker*innen und Kolleg*innen aus den Bereichen der Wissenschaften, aber auch über Dialogangebote außerhalb meiner Profession. Im Austausch zu sein, Fragen zu stellen und gemeinsam zu diskutieren sind nicht nur natürliche Merkmale von Wissenschaft, sondern Grundvoraussetzungen einer funktionierenden Demokratie und davon bin ich gerne ein Teil.



Veröffentlicht am 06.05.2022

 

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