„Der interdisziplinäre Austausch zwischen Politikdidaktik und anderen Fachdidaktiken ist essenziell.“ Fünf Fragen an Heinrich Ammerer
Dr. Heinrich Ammerer ist Universitätsdozent im Bereich Geschichts- und Politikdidaktik an der Uni Salzburg. Er arbeitet zu kompetenzorientierter Demokratiebildung und politischer Psychologie. Politische Bildung versteht er als Unterrichtsprinzip, an dem alle Fächer beteiligt sind und hebt dementsprechend den Transfer zwischen den Fachdidaktiken sowie zwischen Politikdidaktik und Lehrkräften unterschiedlicher Fächer hervor.
Dr. Heinrich Ammerer ist Universitätsdozent im Bereich Geschichts- und Politikdidaktik an der Uni Salzburg. Er arbeitet zu kompetenzorientierter Demokratiebildung und politischer Psychologie. Politische Bildung versteht er als Unterrichtsprinzip, an dem alle Fächer beteiligt sind und hebt dementsprechend den Transfer zwischen den Fachdidaktiken sowie zwischen Politikdidaktik und Lehrkräften unterschiedlicher Fächer hervor.
1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?
Aktuell validieren wir im Rahmen des Forschungsprojektes „Politisches Denken empirisch“ ein am Standort Salzburg entwickeltes Testheft, das im Weiteren für die Messung politischer Kompetenzen bzw. die Erhebung politischen Denkens im Rahmen von Large-Scale-Testungen an österreichischen Schulen eingesetzt werden soll. Die Testitems basieren auf dem Österreichischen Kompetenzmodell für politische Bildung (Krammer et al. 2008).
Eben abgeschlossen wurde eine qualitativ/quantitative Untersuchung zum Geschichts- und Politikunterricht in COVID-19-Zeiten. Hier wurden einerseits Arbeitsaufträge aus dem Distanzlernen gesammelt und vergleichend zum Präsenzunterricht ausgewertet, andererseits Studienanfänger*innen an den Universitäten Salzburg, Wien und Graz sowie an der PH Salzburg zu ihren Unterrichtserfahrungen im Distanzlernen befragt.
2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse schätzen Sie als besonders relevant für die Praxis politischer Bildung ein?
Einer meiner Arbeitsschwerpunkte liegt in der kompetenzorientierten Unterrichtspragmatik, insbesondere zu populären Medien (Film, Comic) und zum konzeptuellen Lernen. Soweit Lehrkräfte und Schulbuchautor*innen hier publizierte Ideen aufgreifen, anwenden und weiterentwickeln, ist dies der wohl praxisrelevanteste Bereich. Im theoretischen bzw. konzeptuellen Feld können meine interdisziplinären Synthesebemühungen rund um Demokratiebildung Eingang in den Fächerkanon der Lehrkräfteausbildung finden, im empirischen Bereich Erhebungen zu konzeptuellen Vorstellungen und entsprechenden Entwicklungslogiken.
3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?
Im Bereich der politikbezogenen Wertebildung mangelt es u.a. an zielgruppenbezogener Forschung zu zentralen moralpsychologischen Faktoren auf Basis des einschlägigen Diskurses im letzten Jahrzehnt (z.B. politische Werthaltungen und Persönlichkeitspsychologie, politische Polarisation etc.), entsprechenden pragmatischen Operationalisierungen und zugehöriger Lehr-Lernforschung.
4. Welchen Gewinn kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis und ein Austausch zwischen den Wissenschaftsdisziplinen für die politische Bildung bringen?
Insbesondere wenn politische Bildung als Unterrichtsprinzip gehandhabt wird, an dem alle Fächer teilhaben, sind der Transfer zwischen Politikdidaktik und den Lehrkräften unterschiedlicher Fächer sowie der interdisziplinäre Austausch zwischen Politikdidaktik und den Fachdidaktiken essenziell. Zu letzteren erweisen sich u.a. Ringvorlesungen und daraus erwachsende Sammelbandprojekte als fruchtbar, in denen fachliche Anschlussstellen an gemeinsame politikdidaktische Rahmungen gesucht und an Beispielen dargestellt werden, z.B. Ammerer / Krammer / Tanzer 2010, Ammerer / Geelhaar / Palmstorfer 2020. Auf diesem Weg kann es besser gelingen, die Prinzipien der kompetenzorientierten Demokratiebildung stärker in der fachlichen Ausbildung zu verankern und anhand von fachspezifischen Themenstellungen und Zugriffen aufzubereiten.
5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?
Freuen würde mich besonders die Kontaktaufnahme von Kolleg*innen und Lehrkräften, die sich für die Bereiche Moralpsychologie, Politische Psychologie und Wertebildung interessieren und hier nach Möglichkeiten für Austausch und Forschungszusammenarbeit suchen.
Veröffentlicht am 28.08.2023
Zum Weiterlesen
- Sie finden Heinrich Ammerer auch in der Landkarte der Forschung zur politischen Bildung mehr lesen