„Demokratiebildung gelingt durch Demokratiepraxis.“ Fünf Fragen an Benedikt Sturzenhecker

Benedikt Sturzenhecker ist Professor für Sozialpädagogik / außerschulische Bildung und Leiter des Arbeitsbereichs Sozialpädagogik an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. In einem Kurzinterview gibt er Einblicke in seine Arbeit, weist auf offene Forschungsfragen hin und macht deutlich, warum ein Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis politischer Bildung wichtig ist.


Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker (Foto: privat)

Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker (Foto: privat)

Benedikt Sturzenhecker ist Professor für Sozialpädagogik / außerschulische Bildung und Leiter des Arbeitsbereichs Sozialpädagogik an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. In einem Kurzinterview gibt er Einblicke in seine Arbeit, weist auf offene Forschungsfragen hin und macht deutlich, warum ein Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis politischer Bildung wichtig ist.

 

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt?

Im Wintersemester 2018/19 habe ich mit Studierenden qualitativ erforscht, wie Besucher_innen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ihre Partizipationsmöglichkeiten einschätzen. Aktuell beginnen wir eine Forschung zu Inklusion in demokratischen Partizipationsverfahren und Prozessen in der Kita. Hier gehen wir der Frage nach, welche Kinder wie, von wem und weshalb aus demokratischen Prozessen ausgegrenzt werden.

2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse halten Sie für besonders relevant für die Praxis politischer Bildung?

Unsere Forschung zur Realität von Demokratiebildung in Kindertageseinrichtungen (Richter/Lehmann/Sturzenhecker 2017; Datenbankeintrag) konnte nachweisen, dass die Kinder dort sehr wohl in der Lage sind, zu Fragen und Konflikten, die sie in ihrer alltäglichen Lebensführung in der Kita betreffen, kompetent und vernünftig in demokratischen Verfahren mitzuentscheiden. Demokratiebildung in der Kita – und anderswo - gelingt durch Demokratiepraxis.

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Mehr geforscht werden sollte zu der Frage, wie Demokratiebildung als reale Mitentscheidung und Mitverantwortung von Kindern und Jugendlichen in pädagogischen Handlungsfeldern realisiert wird und besser realisiert werden kann. Und wir brauchen mehr Forschung dazu, wie in Kooperation unterschiedlicher pädagogischer Institutionen, jeweils ausgehend von den lebensweltlichen Themen der Kinder und Jugendlichen, deren demokratische Mitentscheidung in Kommunen gefördert werden kann.

4. Welchen Gewinn für die politische Bildung kann ein Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis sowie ein Austausch zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen bringen?

Durch mehr Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis könnte man enger an die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen heranrücken und sie als Adressat_innen politischer Bildung stärker partizipativ in den Forschungs- und Konzipierungsprozess einbeziehen. Das würde die Arbeitsweisen politischer Bildung verbessern.

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern: zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen, aber auch zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler_innen, Praktiker_innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Ich freue mich über Anfragen und Austausch zu allen Projekten, die Kinder und Jugendliche als fähige und gleichrangige Partner_innen von Forschung und Gestaltung politischer Bildung beteiligen und zu allen Projekten, die Demokratiebildung als reale Berechtigung von Kindern und Jugendlichen zur Mitentscheidung konzipieren und erforschen.

 

Veröffentlicht am 05.06.2019

 

Zum Weiterlesen

  • Sie finden Benedikt Sturzenhecker in der Landkarte der Forschung zur politischen Bildung
  • Benedikt Sturzenhecker (2017): Politische Bildung in der Kooperation von Kinder- und Jugendarbeit mit Schule. In: Transfer für Bildung e.V. (Hrsg.): Gemeinsam stärker!? Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule. S. 61-64 (vollständiger Beitrag abrufbar). mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Richter, Elisabeth/Lehmann, Teresa/Sturzenhecker, Benedikt (2017): So machen Kitas Demokratiebildung. Empirische Erkenntnisse zur Umsetzung des Konzepts »Die Kinderstube der Demokratie«, Weinheim, Basel. mehr lesen
  • „Fachkräfte müssen die Offene Kinder- und Jugendarbeit (wieder) als Feld politischer Bildung erkennen.“ Interview mit Benedikt Sturzenhecker 2016 mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Sturzenhecker, Benedikt / Richter, Elisabeth / Karolczak, Martin (2014): Kooperative Steuerung des Ganztags zwischen Jugendarbeit und Schule. Einige Ergebnisse eines Modellprojekts. In: Zeitschrift für die Jugendarbeit – deutsche jugend: „Jugendarbeit und Bildung“, 62. Jg., Heft 7-8, S. 297-304. mehr lesen


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