„Ziel sollte nicht ein Fitmachen ‚bildungsferner‘ Zielgruppen für klassische politische Bildung sein.“ Fünf Fragen an Horst Kückmann
Horst Kückmann ist Leiter der Supportstelle Weiterbildung in der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule Nordrhein-Westfalen (QUA-LiS NRW). Wir haben ihm fünf Fragen zu seiner Arbeit beim QUA-LiS, zum Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis und zum aktuellen Jahresthema der Transferstelle gestellt.
Horst Kückmann ist Leiter der Supportstelle Weiterbildung in der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule Nordrhein-Westfalen (QUA-LiS NRW). Wir haben ihm fünf Fragen zu seiner Arbeit beim QUA-LiS, zum Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis und zum aktuellen Jahresthema der Transferstelle gestellt.
1. Was sind Aufgaben und Ziele der Supportstelle Allgemeine Weiterbildung bei der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule?
Die Supportstelle Weiterbildung (SWB) innerhalb der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur (QUA-LiS NRW) gehört zum Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung in NRW. Kernaufgabe ist die Unterstützung der rund 460 Einrichtungen der gemeinwohlorientierten Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen, vorrangig in Fragen der Qualifizierung und Professionalisierung des pädagogischen Personals. Darüber hinaus wird die SWB ab 2017 auch den Weiterbildungsbericht für NRW herausgeben. Weitere Aufgaben sind z. B. Konzept- und Materialentwicklung bei innovativen Entwicklungen in der gemeinwohlorientierten Weiterbildung mit dem Ziel der nachhaltigen Implementation, Entwicklung neuer Formate in der Weiterbildung, Organisation von Fachtagungen, Workshops und Expert_innenbeteiligungen zu ausgewählten Themen.
2. Welche Rolle spielt politische Bildung in der Arbeit der Supportstelle Allgemeine Weiterbildung?
Die politische Bildung spielt eine wichtige Rolle in der Arbeit der Supportstelle. Viele Einrichtungen der politischen Bildung, die nach dem Weiterbildungsgesetz NRW anerkannt sind, gehören zum Spektrum der gemeinwohlorientierten Weiterbildung. Viele dieser Einrichtungen der allgemeinen Weiterbildung verstehen politische Bildungsarbeit auch als Querschnittsaufgabe.
3. Welche Rolle spielt Forschung für die Arbeit der Supportstelle Allgemeine Weiterbildung?
Forschung spielt eine bedeutende Rolle in der Arbeit der Supportstelle. Sowohl bei der Beratung und Unterstützung von Weiterbildungseinrichtungen als auch bei der Konzeption und Evaluation von Qualifizierungsangeboten arbeitet die Supportstelle eng mit der Wissenschaft zusammen. Gleichzeitig versteht sich die Supportstelle als Schnittstelle zwischen (Weiterbildungs-) Wissenschaft und der gemeinwohlorientierten Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen.
4. Welche Vorteile kann ein Dialog zwischen Forschung und Praxis für die politische Bildung bringen?
Die Vorteile liegen auf der Hand: Einrichtungen der politischen Bildung können in der Regel nicht selbst forschen; umgekehrt benötigt Wissenschaft und Forschung meist einen direkten Praxisbezug. Der Dialog zwischen politischer Bildung und Forschung ist daher für beide Seiten nützlich und wünschenswert.
5. Das aktuelle Jahresthema der Transferstelle lautet „Wenig erreichte Zielgruppen der politischen Bildung – Forschung zu Zugangsmöglichkeiten“. Welche Forschungsarbeit ist Ihnen in diesem Bereich in letzter Zeit besonders aufgefallen und was ist Ihrer Meinung nach die dringendste Forschungsfrage bezüglich Zugangsmöglichkeiten zur politischen Bildung?
Die sogenannten „Potenziale-Projekte“, die in dem Projekt „Weitbildungsberatung im sozialräumlichen Umfeld“ mündeten – die auch in der Datenbank der Transferstelle dokumentiert sind – sind ein gutes Beispiel für eine gelungene Kooperation zwischen Praxis und Wissenschaft. In den Projekten konnten Einrichtungen, die auch politische Bildung anbieten und aus unterschiedlichen Kontexten kommen (Volkshochschulen, freie und konfessionelle Träger) in mehrjähriger Zusammenarbeit nicht nur Zugangsmöglichkeiten, sondern auch regionale Rahmenbedingungen und Vernetzungen erproben, mit denen Menschen aus ‚bildungsfernen‘ Milieus nachhaltig erreicht werden können. Im Ergebnis waren es aufsuchende und sozialraumorientierte Strategien, die zum Erfolg führten, aber vor Ort immer wieder neu ausbuchstabiert werden mussten. Helmut Bremer und sein Team von der Universität Duisburg-Essen haben mit ihrer wissenschaftlichen Reflexion dafür sensibilisiert, dass ‚Bildungsferne‘ als eine doppelte Distanz aufzufassen sind. Dass also nicht nur die Adressat_innen Distanz zu den Bildungseinrichtungen haben, sondern – mindestens genauso wichtig – die institutionalisierte Weiterbildung soziale und kulturelle Distanz zu bestimmten sozialen Gruppen aufweist.
Das Ziel in der Arbeit mit ‚bildungsfernen‘ Zielgruppen sollte nicht ein Fitmachen für klassische „seminaristische“ politische Bildung sein. Wichtig ist, dass politische Bildung lebensweltliche Relevanz bei ihren Adressat_innen hat. Dazu muss sie möglicherweise auch einmal herkömmliche Vorstellungen von Politik hinterfragen. Ein Fokus der Forschung könnte dann darin liegen, die Politik- und Gesellschaftsbilder der ‚bildungsfernen‘ Zielgruppen sichtbar und verstehbar zu machen, um die Praxis politischer Bildung für diese zu sensibilisieren und an diesen auszurichten.
Veröffentlicht am 25. Mai 2016