„Wie können wir Bildung für nachhaltige Entwicklung stärker als politische Bildung verstehen?“ Fünf Fragen an Bernd Overwien

Prof. Dr. Bernd Overwien war bis Ende September 2019 Leiter des Fachgebiets Didaktik der politischen Bildung an der Universität Kassel. Er ist im Beirat der Fachstelle politische Bildung. Bernd Overwien berichtet im Kurzinterview von verschiedenen Projekten, die Bildung für nachhaltige Entwicklung als politische Bildung verstehen.


Prof. Bernd Overwien (Foto: privat)

Prof. Bernd Overwien (Foto: privat)

Prof. Dr. Bernd Overwien war bis Ende September 2019 Leiter des Fachgebiets Didaktik der politischen Bildung an der Universität Kassel. Er ist im Beirat der Fachstelle politische Bildung. Bernd Overwien berichtet im Kurzinterview von verschiedenen Projekten, die Bildung für nachhaltige Entwicklung als politische Bildung verstehen.


1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt?

Das letzte wissenschaftlich evaluierte Projekt „Biodiversitätsbildung im Kontext von Biologie, Politik und Ethik“ beschäftigte sich mit der Qualifizierung von Mitarbeiter_innen in Botanischen Gärten. Die Frage war, wie der Schritt von einer engeren Umweltbildung hin zu einer Bildung für nachhaltige Entwicklung gegangen werden kann, die sich auch als politische Bildung versteht. Im nun folgenden Projekt „Pflanzen, Wissen, Engagement – Entwicklung, Erprobung und Verbreitung innovativer Bildungsformate an Naturschutzakademien und Botanischen Gärten“ soll, ebenfalls wissenschaftlich evaluierend begleitet, die „politische Pflanze“ im Vordergrund stehen, um die sich ökologische, ökonomische und sozialpolitische Fragestellungen ranken. Das Projekt, das sich an Multiplikator_innen von Naturschutzakademien und Botanischen Gärten richtet, thematisiert politischer Aspekte von Nutzpflanzen, wie Weizen, Kaffee, Kakao oder Baumwolle, geht aber auch auf Wildpflanzen und ihren Schutz ein. Es geht hier ebenfalls darum, Bildung für nachhaltige Entwicklung stärker auch als politische Bildung zu verstehen.

In einem anderen Projekt zur Lehrkräftebildung wird der Frage nachgegangen, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales Lernen besser in die Praxisphasen der Lehrkräftebildung integriert werden können. Kooperationen zwischen Schulen und außerschulischer Bildung werden dazu modellhaft initiiert und wissenschaftlich evaluiert.

2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse halten Sie für besonders relevant für die Praxis politischer Bildung?

Es zeigt sich immer wieder, dass der Schritt vom Wissen zum Handeln kein selbstverständlicher ist, das ist aus einschlägigen Studien schon lange bekannt. Wichtig ist, und hier liegt auch die besondere Bedeutung der politischen Bildung, dass auch Wege und Möglichkeiten politischen Handelns deutlich werden, die die Teilnehmenden an Bildungsveranstaltungen als realistisch ansehen können. Es müssen Wege aufgezeigt werden, bei denen die Lernenden entscheiden können, ob sie sie gehen.
Bei der Verbindung von schulischer und außerschulischer Bildung ist zudem das produktive, sich nicht gegenseitig blockierende Zusammenwirken verschiedener Lernkulturen entscheidend.

 

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?

Die Rolle von Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globalem Lernen sowie der Umgang mit entsprechenden Normativen sollte weiter beforscht und diskutiert werden. Das ist nicht erst seit „Fridays for Future“ ein relevantes Thema.

4. Welchen Gewinn für die politische Bildung kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis bringen sowie ein Austausch sowohl zwischen den Wissenschaftsdisziplinen als auch innerhalb dieser?

Unsere Projekte finden immer in Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Praxis statt. Dabei werden Fragestellungen gemeinsam geschärft und Sackgassen oft schon im Ansatz vermieden.

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern: zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen, aber auch zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten. Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler_innen, Praktiker_innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?

Wissenschaftler_innen aus der Erziehungswissenschaft und anderen Fachdidaktiken sind ebenso willkommen wie Akteur_innen aus der Praxis außerschulischer politischer Bildung.

 

Veröffentlicht am 28.01.2020

Zum Weiterlesen

  • Sie finden Bernd Overwien in der Landkarte der Forschung zur politischen Bildung.
  • „Globale Themen kommen in der politischen Bildung zu kurz“ Fünf Fragen an Bernd Overwien (2015). mehr lesen
  • Overwien, Bernd (2017): Potenziale außerschulischer Lernorte. In: Transfer für Bildung e.V. (Hrsg.): Gemeinsam stärker!? Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule. S. 56-60 (vollständiger Beitrag abrufbar). mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Karpa, Dietrich / Overwien, Bernd / Plessow, Oliver (2015) (Hrsg.): Außerschulische Lernorte in der politischen und historischen Bildung. mehr lesen


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