„Der Austausch kann immer helfen, eigene ‚blinde Flecken‘ in den Blick zu bekommen.“ Fünf Fragen an Helmut Bremer

Prof. Dr. Helmut Bremer ist Inhaber der Professur für Erwachsenenbildung / Politische Bildung an der Universität Duisburg-Essen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind soziale Ungleichheit und Milieubezug in der außerschulischen politischen Bildung, politische Sozialisation sowie Forschungen zu Gesellschaftsbildern. Er fragt u.a. danach, wie politische Bildung damit umgehen kann, dass sich soziale Ungleichheit zunehmend in politische Ungleichheit übersetzt.


Prof. Dr. Helmut Bremer (Foto: privat)

Prof. Dr. Helmut Bremer ist Inhaber der Professur für Erwachsenenbildung / Politische Bildung an der Universität Duisburg-Essen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind soziale Ungleichheit und Milieubezug in der außerschulischen politischen Bildung, politische Sozialisation sowie Forschungen zu Gesellschaftsbildern. Prof. Bremer fragt unter anderem danach, wie politische Bildung damit umgehen kann oder sich dazu verhalten soll, dass sich soziale Ungleichheit zunehmend in politische Ungleichheit übersetzt.

 

1. Was ist Ihr aktuelles und was war Ihr letztes Forschungsprojekt zur politischen Bildung?
Gegenwärtig bin ich am Forschungsprojekt „Über die Shoah in Israel lernen: eine Analyse von generationalen Orientierungen deutscher Lehrer*innen“ beteiligt. In dem Projekt geht es um Weiterbildungen für Lehrkräfte in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.

Zuvor haben wir das Projekt „Jugend partizipiert“ (s.a. Eintrag in der Datenbank) wissenschaftlich begleitet. Dabei ging es um die Kooperation von Schulen mit Trägern außerschulischer politischer Bildung mit dem Ziel, Partizipation zu fördern.

In mehreren Forschungsprojekten arbeite ich außerdem zu Gesellschaftsbildern. Hier geht es um die Frage, welche gesellschaftlich-politischen „Landkarten“ Menschen im Kopf haben, und wie sich diese in Bildungsprozessen verändern. Zum Beispiel: Wird die Gesellschaft als solidarisch oder konkurrenzorientiert, als veränderbar oder statisch, als gerecht oder ungerecht wahrgenommen? Solche Vorstellungen und wie man sich dazu positioniert werden oft, so unsere Erkenntnisse, mit eigenen Bildungserfahrungen verbunden.

 

2. Welche Ihrer Forschungsergebnisse halten Sie für besonders relevant für die Praxis politischer Bildung?
Ich arbeite sehr viel zur Milieuspezifität von Bildung und Politik. Diese Ergebnisse können die Praxis dabei unterstützen, Wege zu Adressat_innen zu finden, die bisher nicht zu den typischen Teilnehmenden gehören. Insbesondere unsere Arbeiten zur aufsuchenden Bildungsarbeit – „Von Komm-Strukturen zu Geh-Strukturen“ – stoßen auf viel Resonanz.

3. Welche Themen im Kontext politischer Bildung sollten Ihrer Meinung nach beforscht werden?
Soziale Ungleichheit übersetzt sich in den letzten Jahren immer mehr in politische Ungleichheit. Das ist meines Erachtens das zentrale Problem im Bereich des Politischen. Wie kann/soll die politische Bildung damit umgehen oder sich dazu verhalten? Das halte ich für ein sehr wichtiges Forschungsthema.

4. Welchen Gewinn für die politische Bildung kann ein Dialog von Wissenschaft und Praxis bringen sowie ein Austausch sowohl zwischen als auch innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen?
Der Austausch kann immer helfen, eigene „blinde Flecken“ in den Blick zu bekommen, andere Perspektiven einzunehmen, andere Brillen aufzusetzen, um etwas Neues zu sehen oder etwas (vermeintlich) Bekanntes anders zu sehen.

5. Die Fachstelle politische Bildung hat eine Landkarte der Forschung zur politischen Bildung entwickelt, um Austausch und feldübergreifende Zusammenarbeit zu fördern: zwischen und innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen, aber auch zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind dort mit einem Eintrag vertreten.  Über welche Kontaktaufnahmen oder Anfragen anderer Wissenschaftler_innen, Praktiker_innen oder sonstiger Interessierter würden Sie sich freuen?
Das Wichtigste sind für mich die thematischen Schnittstellen. Also Themen, wie die von mir genannten, die mich interessieren, an denen ich arbeite oder die anschlussfähig dafür sind. Aus welchen Wissenschaftsbereichen das kommt, oder ob es aus der Praxis kommt, ist egal. 


Veröffentlicht am 27.04.2020

Zum Weiterlesen

  • Sie finden Helmut Bremer in der Landkarte der Forschung zur politischen Bildung.
  • „Netzwerke erleichtern den Zugang zu ,bildungsfernen‘ Zielgruppen" Interview mit Helmut Bremer mehr lesen
  • Wissenschaftlich begleitetes Gesamtvorhaben »Weiterbildung und Weiterbildungsberatung für 'Bildungsferne'« mehr lesen
  • Bremer, Helmut/Schlitt, Laura/Zosel, Tim (2017): „Politikferne“ oder „ferne Politik“? Durch Beteiligungsorientierung Distanzen zwischen Jugend und Politik bearbeiten. In: Transfer für Bildung e.V. (Hrsg.): Gemeinsam stärker!? Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule. S. 56-60 (vollständiger Beitrag abrufbar) mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Bremer, Helmut / Zosel, Tim / Schlitt, Laura (2017): Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes „Jugend partizipiert“ // Bremer, Helmut / Zosel, Tim, unter Mitarbeit von Kleemann-Göhring, Mark / Schanzmann, Greta / Schlitt, Laura (2016): Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes „Jugend partizipiert“. mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Bremer, Helmut/Faulstich, Peter/Teiwes-Kügler, Christel/Vehse, Jessica (2015): Gesellschaftsbild und Weiterbildung. Auswirkungen von Bildungsmoratorien auf Habitus, Lernen und Gesellschaftsvorstellungen. mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Bremer, Helmut/Kleemann-Göhring Mark/Wagner, Farina (2015): Weiterbildung und Weiterbildungsberatung für "Bildungsferne". Ergebnisse, Erfahrungen und theoretische Einordnungen aus der wissenschaftlichen Begleitung von Praxisprojekten in NRW. mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Bremer, Helmut/Lange-Vester, Andrea (2014) (Hrsg.): Soziale Milieus und Wandel der Sozialstruktur. Die gesellschaftlichen Herausforderungen und die Strategien der sozialen Gruppen. mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Bremer, Helmut/Ludwig, Felix (2014): Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes „Jugend für Politik gewinnen“ mehr lesen
  • Datenbankeintrag: Bremer, Helmut/Kleemann-Göhring, Mark (2010): Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts „Potenziale der Weiterbildung durch den Zugang zu sozialen Gruppen entwickeln“. mehr lesen





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