Neue Medien, neues Glück?! – Politische Bildung mit Highspeed

Protokoll Transferdialog 6

 

Als Expert_innen aus Wissenschaft und Praxis geladen waren:

    • Prof. Dr. Anja Besand/Technische Universität Dresden
    • Dr. Dennis Hauk/Universität Jena
    • Clemens Stolzenberg/Bundeszentrale für politische Bildung/bpb
    • Lisa Rosa/Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) Hamburg
    • Frank Hofmann/Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein e. V.
    • Annette Ullrich/Stiftung wannseeFORUM
    • Moderation: Erik Weckel/Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung (AEWB), Niedersachsen

     

    Der Transferdialog „Neue Medien, neues Glück?! – Politische Bildung mit Highspeed“ fand zweimal statt.

    Fotos: Fotostudio Heupel

    In den Transferdialogen „Neue Medien, neues Glück? – Politische Bildung mit Highspeed“ wurden Möglichkeiten digitaler Medien im Kontext wenig erreichter Zielgruppen politischer Bildung diskutiert. Auf der einen Seite wurden digitale Medien als Möglichkeit benannt, neue Zielgruppen zu erreichen. Gleichzeitig wurde auf Grenzen dieser Möglichkeiten hingewiesen. Jugendliche, die bereits an Angeboten politischer Bildung teilgenommen haben, können auch längerfristig über soziale Medien wie z. B. Facebook erreicht werden. Dabei ändert sich die Rolle der Bildner_innen, wenn diese quasi „rund um die Uhr“ erreichbar sind. Hier verwischen die Grenzen zwischen der Arbeit als politischer Bildner_in und der Privatperson.

     

    Zur Erschließung neuer Zielgruppen eignen sich digitale Medien nur bedingt

    Die Mechanismen, die dazu beitragen Zielgruppen zu erreichen, blieben dieselben, die auch außerhalb digitaler Medien wirksam seien, so eine Aussage der Dialoge. Auch im Netz könne nicht erwartet werden, dass die Zielgruppe von allein komme bzw. reagiere. Man müsse dorthin gehen, wo potenzielle Adressat_innen sind. Es muss zunächst eine Analyse stattfinden, was die individuelle Zielgruppe möchte, daran anschließend sollten die Zugänge an die Fähigkeiten und Möglichkeiten der individuellen Gruppe angepasst werden. Es wurde angemerkt, dass Probierräume und Suchbewegungen in der Arbeit mit digitalen Medien möglich gemacht werden müssten.

     

    Digitale Medien können kein Mittel zur Überzeugung sein

    Die Einbindung digitaler Medien in den Unterricht wurde aus Sicht von Praxis und Wissenschaft kritisch diskutiert. Auf der einen Seite geht man von der Möglichkeit aus, aufgrund von Aktualität, Authentizität und Medium Schüler_innen durch digitale Medien besonders anzusprechen. Allein dadurch, dass digitale Medien eine Neuerung für den Unterricht sein können, könne Motivation entstehen. Allerdings wurde auch bezweifelt, dass allein das Medium Interesse wecken könne, unabhängig vom Inhalt. Interesse hänge immer und besonders vom Inhalt ab und nicht vom Medium, das es transportiert.

     

    Kommunikation muss online besonders gepflegt werden

    In Bezug auf die Verwendung digitaler Medien in der politischen Bildungsarbeit wurden Bilder und Filme als Chance gesehen, um einen handlungsorientierten Ansatz der Medienarbeit zu verfolgen. Kritisiert wurde, dass in sozialen Medien oft die Möglichkeit fehle, die Korrektheit der Inhalte zu bewerten, daher müsse die Kommunikation online besonders gepflegt werden und auf die Kommentare der jeweiligen Zielgruppe eingegangen werden. Dafür werden jedoch auch Zeit und die Finanzierung dieser Zeit benötigt. Die Runde hielt fest, dass im Netz die Homogenisierung von Meinungen zugenommen habe. Das Partizipations- und Interaktionspotential im Netz sollte daher nicht überschätzt werden. Die Teilnehmenden wiesen darauf hin, dass auch in der digitalen Welt Inklusions- und Exklusionsmechanismen zur Teilhabe wirksam seien.

     

    Aktive Medienarbeit in der politischen Bildung

    Medienkritik wurde von den Teilnehmenden als eine wichtige Aufgabe der politischen Bildung beschrieben, Medienkompetenz sollte gefördert und die Logik sozialer Medien sichtbar gemacht werden. Konsens bestand darüber, dass der digitale Raum ein realer Raum sei und Bildungsangebote der politischen Bildung dies berücksichtigen müssen.

     

    Politische Bildner_innen brauchen Zeit zum Ausprobieren

    In Bezug auf die Professionalisierung politischer Bildner_innen in und außerhalb der Schule wurde angemerkt, dass eine praktische Anwendung digitaler Medien bereits stattfinde und diese auch kritisch reflektiert werde. Gleichzeitig wurde die Qualifizierung von Lehrenden gefordert, damit Lernende den Lehrenden nicht weit voraus seien. Dabei sei es eine wichtige Frage, was politische Bildner_innen für diese Qualifizierung benötigen. Auch die Haltung der politischen Bildner_innen spiele bei dieser Frage eine Rolle. Kritisch wurde angemerkt, dass es nicht immer nötig sei, sich erst zu qualifizieren. Es sei es sinnvoll, digitale Medien auch bei Unsicherheiten zu nutzen und den Mut zu haben, den Umgang mit ihnen zu erlernen. Insbesondere in der schulischen politischen Bildung benötigen Lehrkräfte vor allem Zeit, um sich auszuprobieren.

     

    Praxis wünscht sich Dialog und Einbezug in Forschung

    Es wurde von vielfältigen Forschungsergebnissen im Bereich der digitalen Medien berichtet, beispielsweise von der Shell-Jugendstudie, die Zugänge zu Jugendlichen im Netz aufzeigt. Als gewinnbringende Forschungsansätze wurden Design-Based Research und explorative Forschungsarbeiten genannt. Die Praxis wünschte sich hier Dialog mit der Wissenschaft und in die Forschung einbezogen zu werden, um den konkreten Nutzen der Forschung für die Praxis zu erhöhen.