Gemeinsam stärker!? Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule - Befunde und Fragen

Foto: Fotostudio Heupel

Dr. Helle Becker, Leiterin der Transferstelle politische Bildung, ging, anknüpfend an den Vortrag von Prof. Dr. Ivo Züchner, spezifischer auf das Feld der politischen Bildung ein. Sie machte deutlich, dass es im Unterschied zu anderen Bereichen der Jugendarbeit und Jugendbildung in der politischen Bildung bisher an einem breiten Fachdiskurs zu Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule fehle. Eine Ursache hierfür sieht sie in den fehlenden Austauschmöglichkeiten der beiden Felder. Die unterschiedlichen Entwicklungen zu anderen Bereichen spiegele sich auch in der Förderung wieder. Dies veranschaulichte sie anhand eines Beispiels: Während sich in der politischen Bildung bundesweit bisher nur drei Modellprojekte finden ließen, stünde der kulturellen Bildung z.B. mit „Kultur macht stark“ ein großes bundesweites Förderprogramm für Kooperationen zur Verfügung.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Sie machte aber auch deutlich, dass aufgrund der letzten politischen Entwicklungen politische Bildung mehr Aufmerksamkeit erhalte. Dies spiegele sich beispielsweise im 15. Kinder und Jugendbericht oder in Förderprogrammen wie „Demokratie leben“ wider. „Wir brauchen mehr und eine bessere politische Bildung“, forderte Dr. Helle Becker und zeigte auf, dass es aktuell gute Voraussetzungen gibt für die Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen Partnern. Hierzu zählte sie auch die Fülle und den Mehrwert bereits vorhandener Kooperationen mit Schulen und Schulinitiativen, beispielweise zum Thema Demokratiebildung, deren Bandbreite und Möglichkeiten sie ausführlich darstellte.

Das Feld der politischen Bildung ist sehr vielfältig

Sie präsentierte außerdem erste Ergebnisse einer nichtrepräsentativen Umfrage der Transferstelle der politischen Bildung zum Thema Kooperationen, die noch bis Ende 2017 läuft (LINK). Die Ergebnisse bestätigen bisherige Erkenntnisse. Sie zeigen aber auch deutlich, wie vielfältig die Akteure der politischen Bildung sind und dass auch außerhalb von Trägerstrukturen eine Vielzahl außerschulischer Partner arbeiten.


Wir brauchen eine gemeinsame Plattform!

Diese Diversität des Feldes in Kombination mit fehlenden Austauschplattformen könne ein Grund für das Fehlen eines breiten Fachdiskurses zum Thema Kooperationen zwischen schulischen und außerschulischen Partnern sein, so Dr. Helle Becker. So gäbe es beispielsweise sehr unterschiedliche Verständnisse darüber, was genau unter politischer Bildung zu verstehen sei. Auch würden Begrifflichkeiten wie „Demokratiepädagogik“ oder „Demokratieerziehung“ sehr verschieden genutzt, hier würden in der Praxis verschiedenen Konzepte nebeneinander existierten. Ebenso sieht sie Bedarf an einem Austausch über fachliche Fragen oder Unterschiede zwischen schulischer und außerschulischer politischer Bildung, wie die Frage nach Parteilichkeit oder das Hinterfragen von Macht- und Herrschaftsstrukturen.

„Politische Bildung ist nicht nur wenig sichtbar, sie leidet auch unter einem Imageproblem“

Dr. Helle Becker stellte in ihrem Vortrag ebenso die Frage nach der Identität und Professionalität der außerschulischen Partner, weil diese für Schulen, Eltern, aber auch die Wissenschaft nicht immer erkennbar seien. Sie warf die Frage auf, ob vielleicht manche außerschulische Partner sicherheitshalber in einer Dienstleisterposition bleiben, um in der Schule nicht als Störfaktor zu gelten und gab zu bedenken, dass das zwar für die Zusammenarbeit förderlich sein könne, es aber auch die Identifizierbarkeit dessen erschwere, was beide Seiten erwarten können. Sie hielt schließlich fest: „Politische Bildung ist nicht nur wenig sichtbar, sie leidet auch unter einem Imageproblem“. Um dem entgegenzuwirken sei es an der Zeit, darüber zu sprechen, welchen Mehrwert Kooperationen zwischen Schule und außerschulischer politischer Bildung haben können, wie diese dafür gestaltet werden müssen und welche langfristigen Perspektiven die politische Bildung in und außerhalb von Schule damit eingehen möchte.

Wenig Forschung zu Kooperationen zwischen außerschulischer politischer Bildung und Schule

Abschließend präsentierte Dr. Helle Becker die Ergebnisse der Recherche der Transferstelle politische Bildung bezüglich empirischer Forschungsarbeiten zum Tagungsthema und wies auf die großen Leerstellen und Forschungslücken hin. Die meisten Arbeiten bezögen sich auf Kooperationen von Schule mit der Kinder- und Jugendhilfe, viele davon auf Erfahrungen im Ganztag. Sie ergänzte in Anknüpfung an den Vortrag von Prof. Dr. Ivo Züchner Chancen und Schwierigkeiten für Kooperationen, die sich aus den Arbeiten ableiten lassen.

Seit 2005 gäbe es nur 25 Arbeiten direkt zur politischen Bildung und dabei handele es sich zudem überwiegend um Projektevaluationen, die in der Regel keine Anhaltspunkte für Verallgemeinerungen böten. Es gäbe außerdem nur wenige Forschungen aus Schulperspektive und überhaupt keine zu strukturellen Bedingungen oder fachlichen Positionen.